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"Generation Selfie" will Natur und Landwirtschaft entdecken

Die Ergebnisse der Studie "Fokus Naturbildung" räumen mit Vorurteilen auf.

Die Natur ist uninteressant, das Landleben langweilig, die Jagd überflüssig und Bäume fällen schlecht für den Wald - diese Vorurteile über Ansichten der "Generation Selfie" müssen dringend revidiert werden. Denn die neue Studie "Fokus Naturbildung" zeichnet ein ganz anderes Bild: Kinder und Jugendliche fühlen sich wohl in der Natur, finden es spannend, sie auf eigene Faust zu entdecken und interessieren sich sehr für die Arbeit der Landwirte, Förster und Jäger. Allerdings kennen sie deren Aufgaben kaum, ebenso wenig wie die eigenen Möglichkeiten, Naturschutz zu betreiben. Außerschulische Lernangebote stellen eine große Chance dar, dies zu ändern.

Vor allem Freiheit (74 %) und Abenteuer (71 %), aber auch Stille (53 %) und Gesundheit (42 %) verbinden junge Menschen mit Natur. Dort suchen sie Spaß und Action sowie einen Ausgleich zum Schulalltag (je 74 %). Das sind zentrale Ergebnisse der Studie "Fokus Naturbildung". Auftraggeber waren der Deutsche Jagdverband e.V. (DJV), der i.m.a - information.medien.agrar e.V. und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V. (SDW).

Wie geht Naturschutz?
Deutlich mehr als die Hälfte (59 %) der Befragten fühlt sich von der Zerstörung der Natur in Deutschland bedroht und 88 Prozent ärgern sich über den sorglosen Umgang mit dieser. Als Konsequenz fühlen sich fast drei Viertel (72 %) der Befragten persönlich verantwortlich für Naturschutz und mehr als die Hälfte (56 %) gibt an, etwas zu tun. Bei konkreter Nachfrage beschränkt sich das Engagement allerdings hauptsächlich auf Mülltrennung und -vermeidung. Besonders erschreckend: Fast einem Viertel der Kinder und Jugendlichen ist überhaupt nicht klar, was sie zum Naturschutz beitragen können.

Schüler wollen Wald und Bauernhof erkunden
Eine überwältigende Mehrheit der Befragten will bei Schulbesuchen im Wald (77 %) oder auf dem Bauernhof (82 %), dass ihnen dort Menschen ihre Arbeit zeigen und erklären. Sie fänden es zudem interessant, selbst Hand anzulegen (je 71 %). Ein festes Programm sehen sie dabei eher als hinderlich an.

Klares "Ja" zu schonender Nutzung
Jugendliche in Deutschland stimmen einer schonenden Nutzung der Natur mehrheitlich zu. So sind mehr als 80 Prozent der Jungen und Mädchen der Auffassung, dass Wälder wirtschaftlich genutzt werden dürfen, "solange nicht mehr Holz entnommen wird, als nachwächst". Auch sagen mehr als 60 Prozent, dass die Jagd wichtig sei, "damit das Wild nicht zu viele Schäden in Wald und Feld anrichtet". Und fast 80 Prozent sind überzeugt von der Bedeutung der Landwirtschaft "für Pflege und Erhalt von Natur und Landschaft". Hatten die Befragten einen Bezug zur Land- bzw. Forstwirtschaft oder Jagd, fiel die Bewertung dieser Bereiche noch positiver aus. Die Notwendigkeit der Jagd erkannten dann knapp 80 Prozent (plus 16 Prozentpunkte). Weniger ausgeprägt war dieses Phänomen bei der Land- (plus sieben Prozentpunkte) und Forstwirtschaft (plus drei Prozentpunkte). Allerdings zeigt die Studie auch, dass oftmals nicht bekannt ist, wie die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen konkret aussieht. Die Aufgaben von Landwirten, Förstern und Jägern sind größtenteils unbekannt.

Chancen für die Bildungsarbeit
Der DJV, der i.m.a und die SDW sehen in diesem Kontext großes Potenzial für die bestehenden außerschulischen Lernangebote: Die von den Kindern und Jugendlichen als überwiegend positiv benannten Gefühle gegenüber der Natur insgesamt sowie der Landwirtschaft und dem Wald im Besonderen können zum Erwerb von Kompetenzen für nachhaltiges Handeln genutzt werden. So können außerschulische Lernangebote einen wichtigen Beitrag zur Vermittlung umweltbewussten Verhaltens und dem Schutz natürlicher Ressourcen leisten und dazu das konkrete "Handwerkszeug" anbieten. Insgesamt sind weniger starre Strukturen bei der Wissens- und Erfahrungsvermittlung erforderlich, um auf die Interessen und Bedürfnisse der jungen Menschen flexibler eingehen zu können.

Für die Studie "Fokus Naturbildung" hat das ECOLOG Institut für sozial-ökologische Forschung und Bildung Antworten von mehr als 1.000 Jungen und Mädchen im Alter zwischen zwölf und 15 Jahren ausgewertet. Die Befragung war in zwei qualitative und eine quantitative Teilstudie gegliedert, deren Daten von Frühjahr bis Winter 2016 erhoben wurden. Der qualitative Teil wurde vom IfA Marktforschung Bremer + Partner durchgeführt. Auftraggeber waren der Deutsche Jagdverband e.V. (DJV), der i.m.a - information.medien.agrar e.V. und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V. (SDW). Gefördert wurde die Studie von der Landwirtschaftlichen Rentenbank und der Stiftung Unternehmen Wald.

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Forderungen aus der Studie "Fokus Naturbildung" für die zukünftige Bildungspolitik und die Angebotsentwicklung

Kurzfristige Ziele: Hinweise für künftige Angebote
1. Der weit verbreitete Wunsch der Befragten nach Freiheit und Abenteuer sollte bei weniger starren Angeboten die aktive Einbindung und mehr Eigeninitiative der Jugendlichen ermöglichen.

2. Jugendliche stimmen einer schonenden Nutzung der Natur zu. Sie haben jedoch kaum Vorstellungen, wie diese aussehen kann. Die Einbindung von Förstern, Jägern und Landwirten können diese Lücke füllen und zum Beispiel gut in die Nachmittagsangebote der Schulen integriert werden.

3. Die Studienergebnisse zeigen, dass der Wille zum Naturschutz bei den Kindern und Jugendlichen groß ist, das Wissen um die eigenen Möglichkeiten allerdings eher gering. Angebote sollten Jugendlichen deshalb Aktionen und Handlungsvorschläge zum Erhalt der natürlichen Ressourcen im Alltag aufzeigen und sie befähigen, das Erlebte in Bezug zu ihrer eigenen Lebenswelt zu setzen und Werthaltungen zu entwickeln. Im Sinne von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) sollen sie sich selbst als aktiven Teil der Natur erleben und Handlungsspielräume finden.


Mittelfristige Ziele: Verbesserung der Rahmenbedingungen
Zur intensiveren Naturbildung vor Ort müssen die Rahmenbedingungen verbessert werden:

1. Die Erreichbarkeit naturnaher Räume sollte durch eine geeignete Unterstützung (z. B. ÖPNV-Fahrkostenzuschüsse) erleichtert werden.

2. In den Bildungsplänen muss ausreichend Zeit für Aufenthalte im Wald, auf dem Bauernhof oder anderen naturnahen Orten vorgesehen werden, beispielsweise in Form eines "Tages für Naturbildung" pro Schuljahr.

3. Lehrkräfte müssen über die Angebote ausreichend informiert werden.

4. Zur Durchführung von Naturbildung vor Ort müssen Kenntnisse über die Bedürfnisse der Jugendlichen und Erfahrungen in der Umsetzung dem pädagogisch arbeitenden Personal der außerschulischen Lernorte vermittelt werden.