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Hof Holtmann - Leben mit exklusiven Rindern

Die vierköpfige Familie Holtmann wohnt zusammen mit Hund Paul auf dem Hof.

Fotograf: Timo Jaworr

« Digitalisierung und Individualisierung sind die neuen Trends. Die Landwirte müssen wieder ein Gesicht zeigen. »

Reinhard Holtmann

Auf dem Münsteraner Hof der Familie Holtmann leben besondere Tiere: Rund 200 Wagyu-Rinder und einige Iberico-Schweine hält die Familie und vermarktet das Fleisch, Wagyu-Sperma, Wagyu-Embryonen und hält Rinder von anderen Züchter*innen in Pension.

Auf dem Hof der Familie Holtmann, der schon seit Generationen im Familienbesitz ist, wird seit 1650 Landwirtschaft betrieben. Früher war der Hof ein klassischer Gemischtbe­trieb mit Kühen, Schweinen und Ackerbau. In den 90er-Jahren hat Reinhard die Milchkühe abgeschafft und lediglich Schweine und Bullen gemästet. Er hat den Betrieb mit 19 Jahren übernommen und seitdem kontinuierlich weiterentwickelt. Seit 2009 züchten Reinhard und Melanie Holtmann Wagyu-„Fullblood“-Rinder. Die ersten Wagyu-Embryonen hat die Familie aus den USA importiert. Damals waren sie unter den ersten Wa­gyu-Züchtern in Deutschland. Heute hat das Wagyu-Rind stark an Beliebt­heit gewonnen und hat Einzug in die Küchen von Privathaushalten und Sterneköch*innen gehalten.

Reinhard verfolgt unterschiedliche Tierhaltungskonzepte auf dem Hof. Neben der Haltung der eigenen Rin­der bietet er Züchterkolleg*innen an, ihre Tiere bei ihm als Pensionstiere unterzustellen. Häufig sind diese tragend und kalben auf dem Hof der Holtmanns ab. Die Kälber werden auf dem Hof Holtmann unterschiedlich aufgezogen. Zum einen gibt es die klassische Kälberaufzucht, bei der die Kälber in Iglus und Gruppenbuchten untergebracht sind und mit Milch­austauscher über Nuckeltränken ge­tränkt werden. Zum anderen gibt es die Mutterkuhhaltung, bei der die Wagyu- Kühe klassisch be­samt oder gedeckt werden. Die Kälber werden nach rund 280 Tagen geboren und bleiben für 6–8 Monate bei den Müttern. Als drit­tes Verfahren praktiziert Reinhard die Ammenkuhhaltung. Dabei werden beispielsweise Holstein-Kühe als Leih­mütter mit befruchteten Wagyu-Eizel­len belegt. Sie gebären dann ein Wagyu-Kalb. Holstein-Kühe geben deutlich mehr Milch als Wagyu-Rinder. Wenn die Milch von Wagyu-Kühen knapp ist, versucht man das Wagyu- Kälbchen an eine Holsteiner Kuh zu gewöhnen. Wird dieses akzeptiert, darf es bei ihr Milch trinken. So kann eine Holstein-Kuh bis zu drei Wagyu- Kälbchen versorgen. Die weiblichen Kälber werden aufgezogen und zur Zucht eingesetzt. Die besonderen männlichen Tiere können als Zucht­bullen eingetragen werden und die weiblichen Kühe in der Herde im Na­tursprung auf der Weide besamen. Die anderen männlichen Kälber wer­den als Ochsen für die Fleischproduk­tion auf dem Hof gemästet.

Ein Wagyu-Rind lebt auf dem Hof der Holtmanns ungefähr drei Jahre auf der Weide und wird anschließend in einen Offenstall umgestallt. Hier er­halten die Tiere energiereicheres Futter als auf der Weide, was wichtig für die Fleischqualität ist.

Zur Schlachtung kommt ein mobiler Schlachthof auf den Hof und tötet das Tier vor Ort. Damit haben die Wagyus keinen Transportstress und das Fleisch ist deutlich zarter. Zukünftiges Ziel ist es, die Tiere auch auf dem Hof im Anschluss zu zerlegen und weiter zu verarbeiten.

Außerdem vermarkten Reinhard und Melanie auch Wagyu-Embryonen. Ein spezieller ET- (Embryonen-Transfer) Tierarzt kommt dazu auf den Hof und entnimmt die befruchteten Embryo­nen. Sie können frisch auf eine andere Kuh als Leihmutter übertragen oder eingefroren und verkauft werden.

Fakten zum Betrieb

48163 Münster, Nordrhein-Westfalen

  • 200 Wagyu-Rinder
  • 110 ha landwirtschaftliche Nutzfläche
  • Verkauf von Wagyu-Embryonen, Trächtigkeiten und Mastochsen
  • European Wagyu Gala
  • Ferienwohnungen und Wohnmobilstellplätze

www.wagyu-muensterland.de

« Der Kunde muss wieder lernen, dass das ganze Tier wertvoll und zu wertschätzen ist. Wenn wir nur Bestellungen für die Edelteile haben,  schlachten wir noch kein Rind. »

Melanie Holtmann

Ein weiteres Geschäftsmodell der Holtmanns ist „Rent a Wagyu“: Kund*innen zahlen monatlich einen Betrag für ein Rind. Wenn das Tier groß und schwer genug ist, um ge­schlachtet zu werden, erhalten sie das Fleisch aus dem Mietkauf.

Seit acht Jahren hält die Familie zu­dem Iberico-Schweine. Diese Rasse ist das Pendant zu den Wagyu-Rindern. Sie haben ebenfalls eine feine und int­ramuskuläre Fettmarmorierung im Fleisch. Auch diese Fleischprodukte können Verbraucher*innen auf dem Hof erwerben. Reinhard bewirtschaf­tet mit einem Azubi und einer Aushilfe rund 110 ha Ackerland, auf denen sie Futterpflanzen wie Ackerbohnen, Wei­zen, Triticale, Gerste und Mais für die eigenen Tiere anbauen.

Alle zwei Jahre öffnen die Holtmanns im Rahmen des Tag des offenen Hofes ihre Hoftore und laden Besucher*in­nen ein, sich den Betrieb anzugucken. Jedes Jahr im Sommer findet auf dem Hof zudem die European Wagyu Gala mit großer Auktion der Wagyus, mit Tierschauen und kulinarischen Events rund um Wagyu-Fleisch statt. Eingela­den sind auch immer Sterneköche wie DFB-Koch Holger Stromberg, Björn Freitag, Lucki Maurer und Alex Wahi.

Familie Holtmann hat für Interessierte eine Sitzecke auf der Wiese eingerich­tet, in der man verweilen, sich über Rinderhaltung informieren und die Rinder auf der Weide beobachten kann. Zusätzlich können Gäste mit ihren Wohnmobilen auf den Hof kom­men und dort übernachten oder in einer der schönen Ferienwohnungen der Holtmanns, die liebevoll und detailreich von Melanie eingerichtet wurden, nächtigen. Das hofeigene Fleisch wird im Hofladen der Familie verkauft. Die zwei Töchter Josefine und Paulina helfen gern im Hofladen oder beim Empfangen der Gäste.

Reinhard und Melanie schätzen den vielfältigen Austausch mit Gästen, Be­sucher*innen und Interessierten. Sie genießen es, andere Sichtweisen zu erfahren und nutzen die Erkenntnisse für die eigene Arbeit auf dem Hof.



Fotos © i.m.a e.V.