agrarKIDS - Landwirtschaft entdecken und verstehen
Die „agrarKIDS“ ist eine deutsche Zeitschrift, die seit Herbst 2008 vom LISA-Verlag in Leipzig herausgegeben wird. Die Zeitschrift richtet sich an Kinder vom Vorschul- bis ins Schulalter von zehn bis zwölf Jahren, die an Themen rund um die Landwirtschaft interessiert sind. Besonders adressiert sie Kinder vom Hof und vom Land, „deren Eltern in der Landwirtschaft als Agrarwirt*innen, Züchter*innen oder in landwirtschaftlichen Klein- und Großbetrieben tätig sind.“ (vgl. ALB Hessen 2013, S.4). Zudem wird das Ziel verfolgt, über Patenschaften zwischen landwirtschaftlichen Betrieben oder Unternehmen der Branche, Kindergärten und Grundschulen bei der Anschaffung der Hefte zu unterstützen und so Bildungssarbeit zu leisten. Zudem wird Direktvermarktern ein Verkauf im Hofladen oder Anbietern von „Ferien auf dem Bauernhof“ die Bereitstellung der Hefte als zusätzliches Angebot für Interessierte empfohlen (vgl. ebd., S. 7). Neben und in den Zeitschriften werden Stickeralben, Poster, Kalender oder Malbücher angeboten.
Lernziele und curriculare Verknüpfung
Die Kinder haben mit dem Lesen der Zeitschriften die Möglichkeit, umfangreiche Kenntnisse rund um das Thema Landwirtschaft zu erwerben. So wird beispielsweise die Funktionsweise von Agrarmaschinen wie dem Mähdrescher oder einer Melkmaschine erläutert oder grundlegende Abläufe in Natur und Technik wie die Erkrankung von Kuheutern, die Gewinnung von Biogas oder die Nutzung von Apps bei der Bestellung von Feldern dargestellt. Die Themen finden sich jedoch nur teilweise in den curricularen Vorgaben der Bundesländer wieder, da die Zeitschriften dem Zweck dienen, vertieftes Wissen über die unterschiedlichen Sachverhalte zu vermitteln, sind die Themen darin sehr viel komplexer dargestellt. Die Inhalte, die ausgewählt werden, sind sehr branchenspezifisch. Sie finden sich daher teilweise gar nicht in den Lehrplänen und werden entsprechend auch nicht im Unterricht behandelt. Dies ist jedoch auch in hohem Maße vom schulinternen Curriculum beziehungsweise der Lehrkraft abhängig, die die Lerninhalte entsprechend der didaktischen Prinzipien der Exemplarität und der Schülerorientierung auswählen. Insgesamt dienen die Zeitschriften jedoch dem informellen Lernen von Kindern außerhalb der Schule als eine Art „Fachzeitschrift für Kinder“.
Aufbau der Seiten
Die Hefte steigen häufig mit einer Ankündigung ein, zum Beispiel für Landwirtschaftsmessen oder Werbungen für Spielwaren. Auf der zweiten Seite befindet sich zumeist ein Editorial der Herausgeber, in dem die Leser auf die Themen des Heftes eingestimmt werden. Häufig wird ein Bezug zur Jahreszeit oder zu Festlichkeiten wie Erntedank oder Ostern aufgebaut. Auch die Sponsoren und Partner der Ausgabe werden mit Logo angeführt. Auf einer der folgenden Seiten ist das Inhaltsverzeichnis angelegt, in dem alle Themen des Heftes aufgezählt werden. Dies sind im Regelfall acht bis zehn verschiedene pro Magazin. In den meisten Fällen wird eine Thematik auf zwei bis vier Doppelseiten abgehandelt. Mithilfe von Bildern, Texten und unterschiedlicher Farbgebung erfolgen die Erläuterungen. Zudem finden sich exemplarische Praxisbeispiele, die der Veranschaulichung dienen und eine Werbefläche für diverse Unternehmen der Branche anbieten. Jede Seite beinhaltet ferner eine kleine Frage zum Text. Der Antwortbegriff wird jeweils in ein Kästchen eingetragen. Aus diesen Begriffen ist am Ende wiederum ein Lösungswort zusammen zu stellen.
Neben den thematischen Seiten enthält das Heft auch eine Unterhaltungsseite, auf der Bilder-, Silben oder Kreuzworträtsel angeboten werden. Die letzten Seiten bieten die Teilnahme an einem Gewinnspiel an, für dessen Teilnahme die Leser alle Buchstaben für das Lösungswort gesammelt haben müssen. Neben Impressum und dem Abonnementbogen finden sich am Ende noch jahreszeitliche Sprüche, Worterklärungen und Geschichten, die das Heft abrunden.
Reflexion
Insgesamt lässt sich sagen, dass das Magazin für Kinder als Zielgruppe sehr interessant ist. Insbesondere die fachspezifischen Informationen zu den ausgewählten landwirtschaftlichen Themen sind für sie lehrreich und bieten Potenzial für die individuelle Auseinandersetzung mit den Sachverhalten. Die Gestaltung der Seiten ist altersadäquat und lebensweltbezogen, allerdings wirken die Seiten durch die vielen Farben, die teilweise optisch nicht zueinander passen, etwas überladen und unausgeglichen. Auf die verschiedenen Schriftarten sollte mit Blick auf den optischen Gesamteindruck verzichtet werden. Auch die Haptik der Seiten ist durch die vielen Farben und Beschichtungen nicht optimal.
Die Bilder sind von guter Qualität, zielführend und unterstützen den Erkenntniserwerb. Kinder, die noch nicht lesen können, verstehen die Zusammenhänge allerdings ohne zusätzliche Erklärungen nicht. Die Texte der Seiten sind sehr lang, was junge und ungeübte Leser schnell demotivieren könnte. In den Texten werden teilweise Begriffe genutzt, die für Kinder nur schwer verständlich sind (z.B. Alarmfunktion, Euterviertel oder Zellzahlensensor). Auch Kinder von landwirtschaftlichen Betrieben dürften damit ihre Probleme haben. Inhaltlich greifen sie dennoch ansprechende regionale Beispiele aus unterschiedlichen Bundesländern sowie technische Neuerungen auf, sodass die Kinder viel entdecken können. Es werden außerdem Einblicke in verschiedene Berufe gegeben, die Technisierung der Branche durch die Vorstellung von Apps oder Förderung des ländlichen Raumes durch diverse Projekte angesprochen.
Als äußerst problematisch sind Werbeaussagen im Text zu sehen, die Kinder nicht als solche wahrnehmen, wie z. B. „Dieses gemahlene Russisch Brot wird genutzt, um Dinkelchen® herzustellen. […] Du magst am liebsten Vollmilchschokolade? Dann probiere doch die Dinkelchen® mit Vollmilchschokolade.“ (AgrarKids Oktober 2016, S. 36). Auch problematisch ist für eine Verwendung an der Schule und/oder im Unterricht die Werbung der einzelnen Unternehmen am Ende jeder Seite einzustufen. Es ist zwar löblich, dass sich die Firmen in dieser Form um Interessenbildung und Nachwuchsförderung bemühen sowie die Hefte an Schulen und regionale Bildungsträger verteilen, dennoch sollte beachtet werden, dass im Sinne des Beutelsbacher Konsens ein Überwältigungsverbot im deutschen Bildungssystem gilt. Das heißt, dass Lehrende den Schülern keine Meinung aufzwingen, sondern die Schüler in die Lage versetzen, selbst eine Meinung ausbilden. Ferner ist das Neutralitäts- und Kontroversitätsgebot einzuhalten. Eine kontroverse Darstellung der Lerninhalte ist daher im Unterricht unerlässlich. Junge Lernende können die vom Magazin gegebenen Informationen gegebenenfalls noch nicht richtig einordnen. Auf jegliche Werbung sollte daher im Kontext von Schule und Erziehung verzichtet werden. Ähnlich verhält es sich mit Berichten über politische Aktivitäten wie der Aktion „Grüne Kreuze“. Darauf sollte in Kindermagazinen grundsätzlich verzichtet werden.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass das Heft eine Grundlage für informelles Lernen für Kinder von landwirtschaftlichen Betrieben oder generell an diesen Themen interessierte junge Menschen bildet. Es werden vertiefende branchenspezifische Informationen zu relevanten Sachverhalten gegeben sowie spannende Projekte vorgestellt. Besonders die altersgemäß ausgewählten Abbildungen und die lebensweltlichen Bezüge sind positiv hervorzuheben. Wünschenswert wären weniger überladene und einheitlich gestaltete Seiten, kürzere Texte, die sich an dem Lesevermögen von Erstlesern orientieren und gleichzeitig Material für fortgeschrittene Leser anbieten. Im Unterricht sollten die Materialien des Heftes aufgrund der teilweise fehlenden curricularen Verknüpfungsmöglichkeiten und der zum Teil fehlenden objektiven Darstellung sowie der Werbung nicht verwendet werden. Ein Einsatz ergänzend zum Schulunterricht, vielleicht als Anschaffung für die Schulbibliothek oder als Empfehlung für das Selbststudium zuhause ist jedoch empfehlenswert.
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