Anton – die Lernapp für die Schule
ANTONist eine Lernapp, die besonders für das Lernen zu Hause in Zeiten von nicht gegebener und unregelmäßiger Präsenz an den Schulen während der Covid-19-Pandemie von vielen Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern[1]sowie Erziehungsberechtigten genutzt wurde. Die Plattform ist kosten- und werbefrei nutzbar, bietet Übungen und interaktive Erklärungen zu den Schulfächern Mathe, Deutsch, Sachunterricht, Musik und Deutsch als Zweitsprache an. Aktuell stellt ANTON im Bereich Sachunterricht/Naturwissenschaften nur Module für die Grundschule und teilweise für die unteren Jahrgänge der weiterführenden Schule (Biologie 5/6) bereit, soll aber perspektivisch ausgebaut werden. Die App wurde im Rahmen eines von der EU-geförderten Bildungsprojekts entwickelt und vom EFRE-Fonds finanziert.
Die Lerninhalte, die zur Landwirtschaft angeboten werden, lassen sich hauptsächlich in den ausgewiesenen Fächern Sachunterricht und Biologie finden.
Lernziele und Kompetenzen
Mit der Nutzung der App lassen sich vielfältige Kompetenzen zum Thema Landwirtschaft erwerben, die sich in den Bildungs- und Lehrplänen der Bundesländer wiederfinden. So zeigt sich bei einem Blick ins niedersächsische Kerncurriculum für das Fach Sachunterricht, dass die Schüler verschiedene Lebensräume wie die Wiese beobachten und Pflanzen und Tiere bestimmen sollen. Dazu werden von der App mehrere Module zur Verfügung gestellt, darunter zum Beispiel zu „Pflanzen“, „Bäumen“ und „Tieren“. Blickt man nun speziell in die Anwendung zur „Pflanze“ finden sich dort verschiedene Themen aufgelistet wie „Auf der Wiese“, „Getreidepflanzen“, „Der Apfel“ oder „Die Kartoffel“, die Übungen zum jeweiligen Lerninhalt bereitstellen. Im Modul zu „Getreidepflanzen“ lernen die Schüler unter anderem die vier Getreidearten Gerste, Weizen, Roggen und Hafer kennen und anhand der Grannenlänge sowie der Kornform zu unterscheiden.
Für die Inhalte der App zum Fach Biologie der Klassenstufe 5/6 lässt sich sagen, dass sich auch hier interessante Themen wiederfinden, die sich mit den curricularen Vorgaben decken. So wird beispielsweise ein Modul angeboten, dass sich mit Säugetieren und Vögeln in der Umgebung des Menschen auseinandersetzt. Eines unter ihnen bietet Inhalte zum Thema „Rinder“ an, die sich in acht verschiedene Unterthemen aufgliedern, von denen im Kontext dieser Rezension besonders „Rinder als Nutztiere“ und „Nutztierhaltung“ interessant sind. Hier lernen die Schüler unterschiedliche Haltungsformen, Züchtungsrichtungen und Rassen der Tiere kennen.
Da die App von allen Schulen in Deutschland genutzt werden kann, ist eine vollkommene Übertragbarkeit auf das im jeweiligen Bundesland verwendete Curriculum nicht gegeben. So werden beispielsweise auch Themen wie Klimawandel und Klimaschutz für das Fach Sachunterricht in der Grundschule angeboten, obwohl sie laut Lehrplan nicht gelehrt werden.
Aufbau und Analyse der Module
Die Lernapp ANTON bietet ein schlichtes Design, das werbefrei ist und eine einfache Schrift besitzt. Beim Einloggen wählt der Nutzer seinen „Avatar“ und gibt einen Namen ein, der auch ein Pseudonym sein kann. Auf diese Weise wird dem Datenschutz Rechnung getragen. Ist man im System registriert, kann ausgewählt werden, zu welchem Fach gelernt werden möchte. Dafür ist auf der linken Seite eine Leiste zu finden, auf der alle Fächer sowie die Klasse(nstufe) vermerkt sind. Nach der Auswahl erfolgt der Einstieg in gewünschte Themen. Dabei ist zunächst ein Themengebiet auszuwählen, dass sich wieder in Unterkategorien aufteilt. Diese können vom Umfang her alle unterschiedlich sein.
Beginnt man mit einem Baustein und wählt ein gewünschtes Thema aus, öffnen sich in Abhängigkeit von der Gestaltung die kleinen Textbausteine, die vorgelesen werden, Bilder, die der Erklärung dienen, oder Aufgaben, mit denen die Inhalte vertieft werden können. Meist umfasst ein Thema zehn bis zwölf solcher Schritte und Aufgaben, für die es Punkte gibt. Wird die Aufgabe richtig gelöst erscheint sie grün und es geht mit dem nächsten Inhalt weiter. Am Ende werden alle Punkte zusammengezählt und Sterne verteilt. Die Sterne können gegen Münzen eingetauscht und im Rahmen von Spielen genutzt werden. Die Spiele dienen der Auflockerung und Motivation der Schüler.
Reflexion
Insgesamt lässt sich sagen, dass die App schülermotivierend, altersgerecht und optisch ansprechend gestaltet ist. Sie ist leicht und intuitiv zu bedienen, was sie für Schüler aller Altersgruppen attraktiv macht. Lehrkräfte können zudem individuell für ihre Lerngruppe Übungen und Inhalte zusammenstellen, kontrollieren und nach Belieben austauschen. Die Themen sind teilweise curricular abgestimmt, bedürfen allerdings noch einer zusätzlichen Prüfung und Abstimmung auf den eigenen schulinternen Lehrplan. Wünschenswert wäre außerdem eine stärkere Transparenz bezüglich der Autorenschaft der Module und Aufgaben. Selbst nach eindringlicher Recherche ließ sich dies nicht herausfinden.
Die Bilder, die in den einzelnen Bereichen genutzt werden, sind schülergerecht, altersadäquat und motivierend. Sie weisen einen Bezug zur Thematik auf. Wünschenswert wäre allerdings, dass sie ein wenig größer abgebildet und in ihrer Anzahl häufiger auftreten würden. Außerdem dürfte die Nutzung von Videosequenzen oder Erklärfilmen eine noch bessere Wirkung bei den Lernenden erzielen. So würde ihre Vorstellungskraft angeregt und eine direkte visuelle Verknüpfung hergestellt. In den Aufgaben werden die Schüler dazu angehalten, ihre im Rahmen der Bearbeitung erworbenen Kompetenzen selbst zu überprüfen. Dafür werden hauptsächlich Lückentexte mit genauen Vorgaben, (Zu-)Ordnungsaufgaben und Multiple-Choice-Fragen genutzt. Diese Aufgabenformate sind für jüngere Zielgruppen sinnvoll, aber nur auf die Reproduktion des Wissens ausgelegt. Wichtig wäre es in den Aufgaben Verknüpfungen herzustellen und Zusammenhänge aufzeigen zu lassen. Besonders für Lernende der Sekundarstufe I ist dies von essentieller Bedeutung. Denkbar wäre hier beispielsweise das Vorgeben von Satzanfängen oder von wichtigen Begriffen, die in einem Zusammenhang gebracht werden sollen.
Praxisberichte von Lehrkräften zeigen, dass sie zunächst sehr angetan vom Format und der einfachen Gestaltung der App waren und die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten und umfangreichen Angebote sehr geschätzt haben. Reflektierend legen sie jedoch auch dar, dass die Inhalte sehr spezifisch und umfangreich sind. Besonders die Texte stehen vielfach in der Kritik der Lehrenden. Sie nutzten die App vielfach unterrichtsbegleitend.
Alles in allem stellt die Anwendung eine gute Möglichkeit für die Schüler dar, sich neben dem Präsenzunterricht Kompetenzen selbstständig anzueignen. Ihre Stärken liegen vor allem in der stetigen Verfügbarkeit auf den Endgeräten und den vielseitigen Einsatzmöglichkeiten sowie dem schülergerechten und schlichten Design. Das selbstständige Lernen mit der App stellt jedoch keinen Ersatz für den Schulunterricht dar. Dies ist vor allem damit zu begründen, dass die Texte in ihren Formulierungen sehr umfangreich und teilweise fachlich nicht richtig sind. Auch bezüglich der didaktischen Reduktion der Lerninhalte besteht dringender Überarbeitungsbedarf. Eine Reflexion über das Gelernte sollte, vor allem mit Blick auf gesellschaftlich kontrovers diskutierte Themen, stets im Austausch mit Lehrkräften und anderen Meinungen erfolgen. Wünschenswert wäre insgesamt eine bessere Ausschöpfung des digitalen Potenzials der App, die sich vor allem in dem stärkeren Einsatz von Vidoesequenzen und Erklärfilmen sowie vielseitigeren und anspruchsvolleren Aufgabenformaten zeigen würde.
[1]Zur besseren Lesbarkeit wird im Weiteren das generische Maskulium verwendet.
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