Werkstattkiste zum Thema Honigbiene
Das vorliegende Heft „Werkstattkiste zum Thema Honigbiene – Lernwerkstattarbeit im vielperspektivischen Sachunterricht“ ist 2020 erstmalig im Schneider Verlag Hohengehren unter Mitherausgabe des i.m.a.- information.medien.agrar e. V. erschienen. Es wurde für einen Einsatz im Sachunterricht der Grundschule von Lehramtsstudierenden konzipiert, an einigen Grundschulen praktisch erprobt und evaluiert. Als Werkstattkiste bedient es die Projektarbeit, die in der Grundschule traditionell einen hohen Stellenwert hat. Längerfristige Arbeiten wie die Werkstattarbeit werden zumeist parallel neben dem Regelunterricht im Fach durchgeführt, was Abwechslung bringt. Sie dienen der Vertiefung, Ergänzung und dem handlungsorientierten Zugang zum Thema. Zudem lassen sich Unterrichtsgänge zu einer Blühwiese, Erkundungen zu außerschulischen Lernorten oder Arbeitseinsätze im Schulgarten gut integrieren.
Lernziele und Kompetenzen
Mit der Bearbeitung des Heftes haben die Schülerinnen und Schüler[1] die Möglichkeit, vielfältige Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erwerben, die in den Lehrplänen der Bundesländer vorgesehen werden. So gibt beispielsweise der nordrhein-westfälische Lehrplan für das Fach Sachunterricht vor, dass die Lernenden den Körperbau und die Lebensbedingungen von Tieren aus ihrem eigenen Lebensumfeld erkunden sollen. Das Heft stellt hierzu einige Seiten zur Anatomie der Honigbiene zur Verfügung (Aufgabe 1). Darüber hinaus wird gefordert, dass die Schüler die Entwicklung ausgewählter Tiere beschreiben sollen. Diese Vorgabe setzt das Lernangebot auf den Seiten zur Fortpflanzung und Entwicklung der Honigbiene um (Aufgabe 3). Auch die Interaktion der Tiere mit ihrer Lebenswelt, ihre Kommunikation untereinander und die Herstellung von Honig (Aufgaben 5, 6 und 7) werden thematisiert.
Besondere Inhalte, die sich selten in den Curricula dieser Jahrgangsstufe finden, sind die Themen Bienensterben und dessen Folgen. Diese werden aufgrund ihrer Komplexität und dem damit einhergehenden eigenen Meinungsbildung häufig erst ab der Klasse 5 eingebracht. Dennoch bietet es sich in diesem Kontext an, auch über diese Zusammenhänge zu sprechen und den Kindern vor Augen zu führen, welche Problemstellungen sich aus dem verstärkten Bienensterben und dem Rückgang der Biodiversität ergeben.
Aufbau und Analyse der Kapitel
Das Heft verfügt über einen kartonierten Einband mit Ringbindung. Nach der Titelseite folgen das Impressum sowie der Dank an die Personen, die an dem Heft mitgewirkt haben. Es schließt sich das Inhaltsverzeichnis an, aus dem hervor geht, dass auf den ersten 45 Seiten umfangreich auf die fachlichen Zusammenhänge sowie auf die didaktisch-methodische Umsetzung der Lernwerkstatt eingegangen wird. Danach folgen die Arbeitsmaterialien, die in Aufgaben unterteilt sind und einzelne Arbeitsblätter als Kopiervorlagen bereithalten.
Die ersten 15 Seiten beschreiben die didaktisch-methodischen unterrichtlichen Umsetzungsmöglichkeiten. Dabei wird vor allem auf das Konzept der Werkstattarbeit eingegangen: Unterschiedliche Themenkisten werden vorgestellt, Empfehlungen, Hinweise und Hilfestellungen für die Formulierung von Aufgaben gegeben. Die folgenden 10 Seiten werfen einen Blick auf die inklusive Umsetzung des skizzierten Lernvorhabens. Im Anschluss daran wird auf etwa 25 Seiten eine konkrete Unterrichtsplanung vorgestellt, die neben der Einordnung in den Perspektivrahmen des Faches Sachunterricht und die curricularen Vorgaben des Landes Niedersachsen, einer Sachanalyse auch andere wesentliche Elemente der Unterrichtsplanung wie Differenzierungsmöglichkeiten, handlungsorientierte Methoden, Vorschläge der Lernstandserhebung und Reflexionsansätze aufzeigt. Erst ab Seite 45 werden die Arbeitsmaterialien systematisch gegliedert dargestellt. Begonnen wird dabei mit dem Körperbau der Honigbiene, wozu es kleine Infotexte und einen Forscherbogen gibt. Der zweite Schwerpunkt liegt auf dem Bienenstaat, bei dem die unterschiedlichen Aufgaben der Tiere herausgearbeitet werden. Danach geht es um die verschiedenen Stadien vom Ei zur Biene. Auch hierzu werden ein längerer Infotext sowie eine Zuordnungsaufgabe angeboten. Unter dem vierten Aspekt betrachtet das Heft die Sprache der Bienen (Rund- und Schwänzeltanz) und erläutert bildhaft sowie mit gezielten Aufgaben die Bewegungen. Im Rahmen der fünften Aufgabe erkunden die Lernenden den Aufbau des Bienenstocks. Wesentliche Unterschiede zwischen einer natürlichen und künstlichen Konstruktion der Stockformen werden aufgearbeitet. In Aufgabe sechs greift das Heft die Arbeit der Bienen im Stock auf und zeigt den Weg vom Nektar zum Honig auf. Hierzu wird ein Ausschneidebogen mit Bildern und kleinen Textkärtchen angeboten. Im Weiteren untersuchen die Schüler den Honig und entdecken verschiedene Honigsorten. Den letzten Schwerpunkt markiert das Bienensterben, wobei zunächst mit einem kleinen Video gearbeitet wird, das über einen Internetlink abgerufen werden kann. Die Zusammenhänge werden in einer Art Bildergeschichte wieder aufgegriffen und vertieft. Im Weiteren geht es um Trachtpflanzen, wozu ein Infotext sowie ein Legespiel angeboten wird. Auch andere Möglichkeiten zur Unterstützung der Bienenaktivität wie der Bau einer Nisthilfe werden thematisiert. Abschließend greift das Heft den Stich von Honigbienen auf und unterscheidet ihn vom Wespenstich. Hierbei wird auch eine Unterscheidung des Körperbaus der Tiere vorgenommen und Verhaltensregeln angesprochen.
Reflexion
Die Analyse zeigt, dass das Heft insgesamt strukturiert, einheitlich und übersichtlich aufgebaut ist. Besonders gelungen sind die Einführungen in das Konzept des Werkstattunterrichts, indem die Lehrkräfte zahlreiche praktische Umsetzungshinweise finden, die sie auch bei anderen Unterrichtsthemen verwenden können. Zugleich bietet es einen guten Zugang für Studierende, Lehramtsanwärter oder Berufseinsteiger, die sich vertieft einarbeiten möchten. Hilfreich sind dabei auch die Querverweise zur Literatur und zu aktuellen Studien, die sich mit ähnlichen Fragestellungen auseinandersetzen. Auch spezifisch zur Werkstattkiste Honigbiene finden sich umfangreiche, sehr gelungene Planungs- und Durchführungsmaterialien, mit denen sich das skizzierte Vorhaben gut umsetzen lässt. Besonders gut gelungen sind die Einordnung in den Perspektivrahmen Sachunterricht sowie die curricularen Vorgaben. Die Sachanalyse gibt einen umfangreichen Einblick in die fachlichen Zusammenhänge zur Aufzucht und Haltung von Honigbienen. Es fehlt jedoch die Abgrenzung zur Wildbiene, die von dem Bienensterben in erster Linie betroffen ist. Auch für und die Schüler wäre es wünschenswert, diesen Unterschied kennen zu lernen. Überaus anschaulich sind ferner die Tabellen, in denen die Lehrkraft eine übersichtliche Zusammenstellung über das Lehrangebot, Möglichkeiten zur Differenzierung und Handlungsorientierung sowie Anleitungen zur Reflexion und Lernstandserhebungen erhält. Auch diese Aspekte werden unter engem Verweis zur Fachliteratur durchgeführt.
Die Lernmaterialien beinhalten verschiedene Medien und Materialien: Infotexte, Bilder, Aufgaben und Materiallisten. Zu den Texten lässt sich allgemein sagen, dass unterschiedliche Schriftgrößen verwendet werden. So werden auf den Aufgabenblättern, die den eigentlichen Materialien vorgeschaltet sind, meist eine größere Schrift genutzt als auf den Arbeitsblättern mit den Infotexten. Teilweise kommt es vor, dass selbst auf einer Seite unterschiedliche Schriftgrößen Anwendung finden. Wünschenswert wäre hier ein einheitliches Format. Die Infotexte beinhalten einige sprachliche und stilistische Fehler, die bei Erstlesern für Probleme sorgen könnten. Ein weiteres Problem könnte auch die Länge der Texte sein. Beim Infotext zum Bienensterben finden sich außerdem zahlreiche Fremdwörter, wie z. B. „Varroamilbe“, „Kleinsäuger“ oder „Lebendfutter“, die einer zusätzlichen Erläuterung bedürfen.
Die Bilder sind auf den ersten Seiten sehr hochwertig, insbesondere dort, wo es um den Körperbau oder um den Bienenstaat geht. Die folgenden Seiten, die sich mit dem Bienenstock oder dem Bienensterben befassen, weisen jedoch nur schwarz-weiß Bebilderung auf. Auch hier wäre ein einheitliches Format wünschenswert. Bunte Bilder dienen zudem der Motivation und der Illustration unbekannter Sachverhalte.
Die Aufgaben sind abwechslungsreich und zielgruppengerecht. Sie könnten jedoch im Sinne der Anbindung an die Curricula verstärkt Operatoren verwenden. Vor allem bei den vorgeschalteten Aufgabenblättern würde dies für eine höhere Transparenz sorgen. Dieses Konzept hat sich bereits bei Lehr-Lern-Materialien, wie Schulbüchern, bewährt.
Abschließend kann gesagt werden, dass das Heft eine sehr gute Grundlage für Lehrkräfte bildet, die eine Werkstattarbeit zur Honigbiene mit ihren Lerngruppen durchführen möchten. Das Heft besticht durch seine exzellente fachliche und didaktisch-methodische Aufbereitung. Die genannten formellen Aspekte, wie die Schriftgröße oder die schwarz-weißen Abbildungen, sollten verbessert werden. Eine Einbeziehung der Wildbienen wäre ebenfalls wünschenswert, um die Zusammenhänge des Bienen- bzw. Insektensterbens adäquat einzubeziehen. Außerdem könnte ein stärkerer Bezug zum Regionalen Lernen durch den Besuch einer Blühwiese oder einer Imkerei leicht umgesetzt werden.
[1] Im Folgenden wird zur Vereinfachung das generische Maskulinum verwendet.
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