Ein gutes Tröpfchen Wasser in der Landwirtschaft und Dürregebiet Deutschland? - Wasser in der Landwirtschaft
Die Hefte „Ein gutes Tröpfchen – Wasser in der Landwirtschaft“ und „Dürregebiet Deutschland – Wasser in der Landwirtschaft: Ein Unterrichtsbaustein für die Jahrgangsstufen 9 und 10“ sind 2018 und 2019 im Verlag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft der BZL erschienen. Wie der Name bereits vermuten lässt, sind die Hefte so konzipiert, dass sie gemeinsam genutzt werden sollten. So gibt das größere Heft Ideen für einen Unterrichtsbaustein, mit dem eine Wandzeitung zur Thematik erstellt werden kann. Das kleinere Heft (Pocket-Heft) stellt dabei zusätzliche Daten und Fakten bereit, die von den Schülerinnen und Schülern[1]genutzt werden können. Inhaltlich lässt sich das Thema Wasser und Landwirtschaft in die 9./10. Klasse der weiterführenden Schule oder der Sekundarstufe II des Gymnasiums einordnen. Neben den vorliegenden Heften sind auch weitere Materialien in ähnlichem Format bei der BLE erhältlich, die aktuelle und gesellschaftlich strittige Themen in den Blick nehmen.
Lernziele und Kompetenzen
Die Lernenden erhalten mit der Bearbeitung des Themas die Möglichkeit, Kompetenzen zu erwerben, die die Landwirtschaft im Spannungsfeld zwischen Ressourcennutzung und Nachhaltigkeit beleuchten. Ein Blick in die Lehrpläne der Bundesländer zeigt, dass sich vor allem in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Thüringen Bezüge zu diesen Lerninhalten herstellen lassen. Neben der geographischen eignet sich auch die biologisch-naturwissenschaftliche Perspektive für eine unterrichtliche Umsetzung.
Der Unterrichtsbaustein geht insbesondere auf die Analyse der Beziehung zwischen Mensch und Naturraum ein und leitet die Lernenden daraus folgend an, Handlungsperspektiven abzuleiten. Zudem sollen die Schüler befähigt werden, den Strukturwandel in der Landwirtschaft anhand von Spezialisierung und Intensivierung zu identifizieren sowie die veränderten ökologischen und ökonomischen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Ferner lernen sie, die Auswirkungen des Klimawandels in Bezug auf die Landwirtschaft kennen und bewerten auf dieser Grundlage aktuelle Maßnahmen und Anpassungsstrategien der Branche unter dem Aspekt der nachhaltigen Entwicklung. Sie beschreiben ökologisch sinnvolle Handlungsweisen auf lokaler Ebene und entwickeln eigene Strategien für einen nachhaltigeren Umgang mit Ressourcen.
Aufbau und Analyse der Seiten
Das Pocket-Heft „Ein gutes Tröpfchen“ stellt im Fragen-Format „Wussten sie schon, dass…“ Informationen zu verschiedensten Aspekten der Wassernutzung durch Landwirte zur Verfügung. Die ersten Seiten führen an, dass nur ein Prozent des in Deutschland genutzten Wassers auf die Landwirtschaft entfällt. Der größte Anteil wird den Privathaushalten (60 Prozent) zugeschrieben. Auf globaler Ebene ist der Anteil der Landwirtschaft wesentlich größer: dort sind es etwa 70 Prozent des genutzten Wassers, was mit dem großen Bedarf in ariden Gebieten wie den Tropen und Subtropen begründet wird. Die folgende Seite stellt Wasser als „Blut der Pflanze“ dar, da es für den Nährstofftransport in den Wurzeln und anderen Pflanzenteilen verantwortlich ist. In diesem Zusammenhang wird auch die Kapillarwirkung angesprochen. Ein weiterer wesentlicher Prozess ist die Fotosynthese, bei der Kohlenstoffdioxid in Sauerstoff umgewandelt wird. Dieser wird erläutert und ergänzend dazu andere bedeutende Abläufe im Zusammenhang mit Pflanzen dargestellt. Dazu gehört die Transpiration oder Verdunstung, über die bekannt wurde, dass bis zu 90 Prozent das an Land verfügbaren Wassers durch Pflanzen zurück an in den Wasserkreislauf gegeben werden. Aus diesem Grund ist auch die Effizienz der Wassernutzung bei Pflanzen an guten Standorten am besten. Dies wird besonders bei den Marktfrüchten Kartoffel, Raps, Roggen und Mais besonders deutlich. Die weiteren Seiten befassen sich mit dem im Boden verfügbaren Wasser, das von Pflanzen nicht genutzt werden kann, weil es durch die Kapillarwirkung des Bodens zu stark darin gehalten wird (Totwasser). Besonders auf schweren und tonreichen Böden ist dies häufig anzutreffen. Um den Verlust von Wasser zu vermeiden, bearbeiten die Landwirte nach der Ernte das Feld mit dem Grubber oder der Egge. So brechen sie die obersten Bodenschichten um, um die Wasserführung dieser zu unterbrechen und die Verdunstung zu senken. Aber auch die Bewässerung ist mittlerweile ein bewährtes Mittel, besonders im Sonderkulturanbau. Neuste Züchtungen arbeiten darauf hin, die klassischen Nutzpflanzen an die Klimaveränderungen anzupassen. Aufgrund der gehäuften Trockenperioden werden sie resistenter gegen Hitze und Trockenheit gezüchtet. Das Heft greift in diesem Kontext auch die unterschiedlichen Regenmengen innerhalb Deutschlands auf und benennt die vulnerablen Standorte in Ostdeutschland. Als besonders empfindlich für Wassermangel weist es Gemüse aus, insbesondere Salat und Kohl. Auch die Folgen für den Getreide-, Mais- und Zuckerrübenanbau werden beschrieben.
Der Unterrichtsbaustein stellt auf den ersten Seiten die Unterrichtseinheit vor, die im Rahmen des Geographieunterricht stattfinden soll. Eingeplant werden drei bis vier Stunden, in denen die Schüler gemeinsam an einer Wandzeitung zur gegebenen Themenstellung arbeiten sollen. Dafür werden auf den folgenden Seiten Materialien zur Verfügung gestellt: Texte, Zeitungsausschnitte, Grafiken und Bilder. Diese können in den unterschiedlichen Arbeitsschritten eingesetzt und genutzt werden. Gleichzeitig wird die Nutzung des Internets zur Recherche sowie des Pocket-Heftes empfohlen.
Reflexion
Die Analyse der Seiten hat gezeigt, dass sie informativ, anschaulich und übersichtlich gestaltet sind. Sie zeichnen sich zudem durch eine gute curriculare Passung und einen Lebensweltbezug zu den Lernenden aus. Besonders die Bilder sind von guter Qualität, zeigen einen Realitätsbezug und holen die Schüler aus ihrem Alltag ab. Sie vermitteln zudem ein authentisches Bild der Sachlage. Die Texte sind sehr informativ, gut recherchiert und behandeln die Lerninhalte fachlich sehr tiefgründig. Letztgenanntes führt jedoch dazu, dass sie für Schüler nur schwer verständlich sind. Eine didaktische Reduzierung wäre hier zwingend erforderlich, um einen Einsatz in den Klassen 9 und 10 der Sekundarstufe I zu ermöglichen. Auch Schülern mit Förderbedarf fällt das Lesen solcher Texte schwer. Forschungen und Beobachtungen in diesem Feld zeigen, dass Lernende dadurch eher demotiviert werden und das Interesse am Thema verlieren. Hinzu kommt, dass die Zusammenhänge mit Blick auf die formulierten Lernziele nicht in zufriedenstellendem Maße herausgearbeitet werden. Auch ein stärkerer Bezug zu den Lerninhalten des Faches Geographie wäre lobenswert.
Zudem verfügen die Texte über dieselbe Quelle. Zu fordern wäre ein mehrperspektivisches Vorgehen, bei dem verschiedene Quellen herangezogen werden, um ein breites Meinungsbild zu eröffnen. Auch Materialien von anderem Format wie Bilder, Statistiken oder Grafiken könnten dazu beitragen. Das Heft stellt dies zwar zur Verfügung, jedoch sind sie nicht abwechslungsreich angeordnet und entstammen aus denselben Quellen. Für einen adäquaten Unterrichtseinsatz wäre es zudem erstrebenswert, Aufgaben im Heft finden zu können, die direkt von den Schülern genutzt werden könnten und nur geringfügig angepasst werden müssten. Beispiele der Umsetzung würden zu einem besseren Verständnis und zur Transparenz gegenüber den Lernenden beitragen.
Die gewählte Methode der Erstellung einer Wandzeitung liegt nahe, da Lehrkräfte aufgrund der Fokussierung von selbstständigen Arbeiten der Schüler diese häufiger nutzen. Eine optimale inhaltliche Durchdringung der Thematik ist dadurch jedoch nicht zwangsläufig gewährleistet. Erkundungen und Unterrichtsgänge bieten dabei größeres Potenzial, da die Schüler selbst befragen, kartieren und erheben könnten.
Alles in allem ist zu sagen, dass beide Hefte umfangreiche und zielführende Materialien zur Bearbeitung im Unterricht zur Verfügung stellen. Allerdings sind die Texte auf einem sehr hohen fachlichen und sprachlichen Niveau, sodass ein Einsatz ohne eine lerngruppengerechte didaktische Reduzierung besonders in der Sekundarstufe I nicht möglich ist. Eine Vielfalt an Medien ist zwar gegeben, sie geht jedoch durch die Strukturierung im Heft unter. Wünschenswert wäre ein stärkerer Bezug zum Geographieunterricht und zum handlungsorientierten Lernen, der auch über ein Projekt umgesetzt werden könnte.
[1]Im Folgenden wird zur besseren Lesbarkeit der generische Maskulin verwendet. Es sind jedoch in den Überlegungen alle Geschlechter berücksichtigt worden.
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