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Grüne Woche 2022, Tag 6: Landwirtschaft l(i)ebt Artenvielfalt

Die Landwirtschaft ist Teil unserer Naturlandschaften. Beide bedingen einander. Nimmt die Vielfalt in der Natur ab, leidet die Landwirtschaft. Sie profitiert, wenn sie zur Vielfalt beiträgt. Darum l(i)eben Landwirte ein intaktes Öko-System und engagieren sich dafür, indem sie zum Beispiel an Feldrändern Blühstreifen anlegen, auf Getreidefeldern Lerchenfenster einrichten oder Streuobstwiesen bewirtschaften. Ziel dieser und vieler weiterer Aktivitäten ist der Erhalt der Artenvielfalt, die Teil der Biodiversität ist.

Würden sich die Landwirte nicht seit Generationen um den Erhalt vieler Arten kümmern, wäre die Vielfalt heute stark eingeschränkt. Gerade in der Tierhaltung wird dies deutlich. Es sind Landwirte, die vom Aussterben bedrohte Haus- und Nutztierrassen züchten und damit zum Erhalt der Vielfalt beitragen. Erinnert sei nur an das Skuddenschaf, die Thüringer Waldziege, das Limpurger Rind, Angler-Sattelschwein, Augsburger Huhn oder das Lehmkuhlener Pony. In wohl allen Tierarten gibt es bedrohte Rassen. Deren Zucht als Teil der Tierhaltung trägt also zur Artenvielfalt bei.

Gleichwohl denken wir beim Stichwort Artenvielfalt wohl häufig an Insekten, die blühende Wiesen bevölkern, auf denen es summt und brummt, gut riecht, wo die Sonne scheint und sich Blätter und Gräser im Wind wiegen – eine Szenerie, die uns das Gefühl von einer intakten Umwelt vermittelt. Dieses harmonische Miteinander ist gelebte Biodiversität, der Oberbegriff für die Vielfalt der Arten, einer biologischen (genetischen) Vielfalt der Ökosysteme und unterschiedlichen Landschaften. Kurzum: Biodiversität meint, vereinfacht formuliert, das große Ganze. Es wird in der Landwirtschaft auch als „Agrar-Biodiversität“ bezeichnet und meint die für die Produktion von Nahrungsmitteln genutzte Flora und Fauna.  

Ohne Landwirtschaft würde dieses „große Ganze“ heute anders aussehen. Weite Landstriche wären mit eintönigen Mischwäldern aus Buchen und Eichen zugewachsen, vielerorts gäbe es gleichförmig bewachsene Flächen und nur wenige Tierarten. Es ist das Verdienst auch der Landwirte, dass unsere Kulturlandschaften heute so abwechslungsreich und geografisch unterschiedlich sind. Denn der Mensch war es, der ganze Landstriche kultiviert hat, Felder angelegt und an ihren Rändern Raine, Knicks und dergleichen mehr an bewachsenen Rändern eingerichtet hat, in denen sich eine vielfältige Vegetation entwickeln konnte, die Rückzugsraum für viele Lebewesen ist.

Es war aber auch der Mensch, der viel von dieser biologischen Vielfalt wieder zerstört hat – durch Flurbereinigungen, dem Zusammenlegen von Flächen, der Begradigung von Flüssen und Bächen und der Ausweitung von Siedlungen und Verkehrswegen. Mit den bekannten Folgen für Umwelt, Natur und damit der Biodiversität. Es wäre falsch, der Landwirtschaft allein die Verantwortung für Veränderungen zuzuschieben. Mitschuld haben wir alle, Verantwortung trägt unsere gesamte Gesellschaft. Die Landwirtschaft als Teil dieser Gesellschaft reagiert nur auf deren Bedürfnisse – nach Nahrungs- und Lebensmitteln.

In der Landwirtschaft werden Veränderungen der Biodiversität früh erkannt. Die Bauernfamilien leben mit und von der Natur. Und wenn Pflanzen weniger bestäubt werden, Obst- und andere Ernten geringer ausfallen, dann registrieren es die Landwirte zuerst. Heute gelten dreißig Prozent der Farn- und Blütenpflanzen sowie vierzig Prozent der wild lebenden Tierarten sowie siebzig Prozent der Lebensräume (Biotope) als gefährdet.

Und wieder ist es die Landwirtschaft, die gegensteuert, sich für den Erhalt der Artenvielfalt und die Förderung von Biodiversität engagiert. Sie opfert dafür Agrarflächen, die bisher für den Anbau von Nahrungsmitteln dienten, um darauf sogenannte produktionsintegrierte Naturschutzmaßnahmen zu realisieren. Mit anderen Worten: Der Bauer kümmert sich selbst um den Erhalt der Biodiversität. Der Verlust an Nutzflächen und die erhöhte Arbeitsleistung müssen natürlich ausgeglichen werden. Die Bundesländer bieten dafür im Rahmen ihrer Agrarumweltmaßnahmen Fördergelder an, mit denen zusätzliche Kosten wie der Ankauf und das Ausbringen von speziellem Saatgut oder auch die Bewirtschaftung kompensiert werden sollen.

Wenn sich Experten über diese Maßnahmen austauschen, ist meist von der „zweiten Säule“ der GAP die Rede. Die „Gemeinsame Agrarpolitik“ regelt in Europa die Rahmenbedingungen für eine Förderung der Landwirtschaft. Die „erste Säule“ umfasst die Direktzahlungen an die Landwirte, die sich u.a. an den bewirtschafteten Flächen orientieren. Mit der „zweiten Säule“ sollen insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit verbessert und die freiwilligen Aufwendungen für den Agrarumwelt- und Klimaschutz gefördert werden, aber auch Landschaftspflege, Hofläden und Land-Tourismus. Gerade ist eine Reform der GAP beschlossen worden. Künftig will man zwanzig Prozent der Zuwendungen aus EU-Mitteln an Leistungen der Landwirte für Umwelt- und Klimaschutz koppeln.

Ob Auflagen zu mehr Biodiversität beitragen können? Landwirte agieren seit jeher nach den Anforderungen der Natur. Von der Saat bis zur Ernte organisieren sie Arbeitsabläufe am Wetter. Natürlich kann man Landwirten vorschreiben, sie sollten Feldhase und -hamster, Reh und Rebhuhn vor dem Mähdrescher schützen. Aber schon lange bevor erkannt wurde, dass sich mit Wärmebildkameras und Drohnen Kitze und Gelege im Feld lokalisieren lassen, haben bereits Landwirte, Jäger und Förster kooperativ Tiere vor der Ernte aus den Feldern vertrieben.

In anderen Teilen unserer Gesellschaft haben Bemühungen um die Biodiversität bisher nur bescheidene Erfolge gebracht. Erinnert sei die Initiative der „Eh-da-Flächen“. Dabei ging es darum, ungenutzte Flächen ökologisch aufzuwerten. Vereinfacht: Biologische Vielfalt statt brachliegender Straßenränder. In der Landwirtschaft kam das gut an; vielerorts entstanden an Feldrändern und Wirtschaftswegen Blühflächen – neue Lebensräume für Insekten und andere Tiere. Anders hingegen dort, wo jeder von uns hätte Hand anlegen können. In den Städten und Dörfern blieben die ohnehin vorhandenen Leerflächen an Straßen, auf Plätzen, vor öffentlichen Gebäuden usw. weiterhin ungenutzt. Schlimmer noch: So ließen z.B. Berliner Grünflächenämter die von Bürgern auf „Eh-da-Flächen“ gepflanzten Blumen von Amts wegen entfernen. In der Stadt gibt es offenbar auch „Grauflächenämter“.

Einen auch optischen Überblick zum Thema bietet unser Poster Artenvielfalt. Einen Beitrag zur Artenvielfalt gibt es zudem im Magazin „lebens.mittel.punkt“ . Auch zur Bedeutung der Biodiversität bieten wir in der Zeitschrift einen Artikel. Für den schnellen und kompakten Einblick empfehlen wir unsere 3-Minuten-Info. Wer sich tiefergehend mit der Thematik gefassen möchte, findet in der Broschüre „Expedition in die Biodiversität“  Informationen und Anregungen für einen lehrreichen Besuch auf einem Bauernhof. Zur biologischen Vielfalt von Tieren und Pflanzen finden Sie bitte einen Beitrag in unserem Magazin, wie auch zu den Streuobstwiesen und den „Eh-da-Flächen“.

Weiterführende Beiträge zum Thema finden Sie in unseren Materialien und bei unseren Partnern. Hier eine schnelle Übersicht:

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