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Grüne Woche 2022, Tag 3: Mit Energie gewinnen

Solarmodule und Windkrafträder auf den Feldern sind die unübersehbaren Indizien einer bevorstehenden Energiewende. Auf den Feldern der Landwirte beanspruchen sie immer mehr Flächen. Weit weniger auffällig sind hingegen andere Energiequellen, die schon viel länger auf den Äckern gedeihen: Nachwachsende Rohstoffe.

Mais dürfte der wohl bekannteste nachwachsende Rohstoff sein. Aber auch Raps, Sonnenblumen, Flachs und Hanf gehören dazu, Stroh, Schilf und Gras, ebenso Kamille, Malve oder Johanniskraut. Und sogar Weizen und Kartoffeln. Letztere dienen zwar vor allem der Ernährung, sind aber auch als Stärkepflanzen für die Gewinnung von Klebstoffen und Kunststoffen begehrt. Pflanzen wie Kamille etc. sind Grundstoffe für Heil- und Arzneimittel, Kosmetika und Farbstoffe, während Flachs und Hanf, Stroh und Co. für die Produktion von Textilien, Seilen und Tauen und als Bau- und Dämmstoffe oder für die Produktion von Papier und Pappe verwendet werden. Doch die weitaus größte Bedeutung haben nachwachsende Rohstoffe als Energiequellen.

Seit etwa vierzig Jahren nimmt die Nutzung nachwachsender Rohstoffe zur Energiegewinnung zu. Mit Mais und auch mit Rüben werden Biogasanlagen betrieben, aus Raps und Getreide Biokraftstoffe erzeugt. Sogar mit dem Öl aus Sonnenblumenkernen oder Leindotter lassen sich Blockheizkraftwerke zur Erzeugung von Strom und Wärme betreiben. Nicht alles, was möglich ist, hat auch (energie-) wirtschaftliche Relevanz.

Die Erforschung der vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten nachwachsender Rohstoffe macht Sinn: Während Kohle-, Öl- und Erdgasvorkommen einmal erschöpft sein werden, lassen sich Raps und Rüben, Mais und Weizen Jahr um Jahr erneut anbauen. Nicht am gleichen Standort, denn darunter könnte die Bodenqualität leiden. Darum werden die einjährigen Energiepflanzen in sogenannten mehrgliedrigen Fruchtfolgen angebaut; also im Wechsel untereinander. Das bedeutet zwar einen höheren Aufwand bei der Ernte, da für unterschiedliche Pflanzen jeweils spezielle Erntetechnik benötigt wird. Die Nährstoffe im Boden können sich jedoch bei einer sinnvollen Fruchtfolge verbessern und letztlich sogar zu höheren Erträgen beitragen. Darum gilt: Auch beim Anbau von nachwachsenden Rohstoffen braucht es das Wissen und die Erfahrung eines Landwirts, um eine reiche Energieernte einzufahren.

Fördergelder haben den Anbau von Energiepflanzen lukrativ gemacht. Das führte dazu, dass auf manch einer Ackerfläche, die einst für den Anbau von Nahrungsmittelpflanzen genutzt wurde, nun Energiepflanzen wachsen. Wurden 2004 noch auf einer Million Hektar nachwachsende Rohstoffe angebaut, hatte sich die Fläche drei Jahre später bereits verdoppelt. Heute werden auf etwa 2,6 Millionen Hektar – etwa 15 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland – nachwachsende Rohstoffe angebaut. Auch Holz aus unseren Wäldern, die mit elf Millionen Hektar nahezu ein Drittel der Landesfläche einnehmen, ist ein nachwachsender Rohstoff, der u.a. zur Energieerzeugung genutzt wird.

Wohl kaum andere in der Landwirtschaft erzeugte Rohstoffe sind derart universell verwendbar wie nachwachsende Rohstoffe. Eigentlich werden diese organischen Multitalente bereits seit Jahrtausenden von Menschen genutzt. Doch durch die Entdeckung von Kohle und Erdöl als Energiequellen war die Nutzungsvielfalt der nachwachsenden Rohstoffe lange Zeit in Vergessenheit geraten. Mit der Erkenntnis, dass mit dem steigenden Verbrauch der fossilen Rohstoffe Erdöl, Erdgas und Kohle auch der Ausstoß des schädlichen CO2 (Kohlenstoffdioxid) zunahm, besann man sich wieder auf die nachwachsenden Rohstoffe. Deren Umweltbilanz ist ungleich positiver. Denn die aus nachwachsenden Rohstoffen erzeugte Energie und produzierten Erzeugnisse setzen nur so viel CO2 frei, wie die Pflanzen während ihres Wachstums aus der Atmosphäre entnommen haben. Nicht zuletzt hat auch die begrenzte Menge fossiler Rohstoffe die Erkenntnis befördert, dass alternative Rohstoffquellen und Energieträger zunehmend unverzichtbarer werden.

So wird z.B. Raps nicht nur als Speiseöl, sondern auch für die Herstellung von Biodiesel verwendet. Er wächst bundesweit auf etwa 575.000 Hektar. Pflanzen für Bioethanol, das in Deutschland dem Kraftstoff „E10“ zur Verringerung der Treibhausgas-Emissionen beigemischt wird, werden auf 207.00 Hektar angebaut. Zum Vergleich: Nachwachsende Rohstoffe für Arzneien und Farbstoffe werden auf 12.000 Hektar und für die Gewinnung von Industriestärke auf 113.000 Hektar angebaut.

Weltweit wurden 2019 etwa 41 Millionen Tonnen Biodiesel produziert. Die USA sind bei der Erzeugung von Biokraftstoffen mit einem Marktanteil von 35,9 Prozent Spitze. Dort werden täglich 602.000 Barrel (Öläquivalente) produziert. Brasilien liegt mit 23,5 Prozent auf dem zweiten Rang, gefolgt von Indonesien, das einen Marktanteil von 7,5 Prozent hält. Deutschland liegt im weltweiten Vergleich mit 3,9 Prozent (65.00o Barrel) ganz knapp vor China.

In Deutschland gehört heute der nachwachsende Rohstoff (Silo-) Mais zur beliebtesten Energiequelle, aus der Biogas erzeugt wird. Insgesamt wurden 2020 auf mehr als 1,5 Millionen Hektar Ackerflächen Maispflanzen für die Biogasproduktion angebaut. Allein in Bayern belegt der Silomais mit 130.000 Hektar Anbaufläche ein Viertel der gesamten Maisanbaufläche des Bundeslandes.

2020 gab es in Deutschland ca. 9.600 Biogasanlagen, neben Bayern vor allem in Niedersachsen. Insgesamt haben sie eine Leistung von 5,7 Gigawatt Energie erzeugt und rund 9,5 Millionen Haushalte mit Strom versorgt. Der damit erwirtschaftete Umsatz betrug 8,8 Milliarden Euro.

Mit den auf Dächern und Feldern installierten Photovoltaikanlagen wurden knapp zwanzig Milliarden Kilowattstunden erzeugt. Die meisten dieser Anlagen waren zwischen 2010 und 2012 errichtet worden. Obwohl der Boom abgenommen hat, stieg durch neue, bessere Anlagen die Leistung weiter an. Im vergangenen Jahr betrug sie bereits 51,2 Milliarden Kilowattstunden.

Noch mehr Strom wurden mit den auf den Feldern errichteten Windenergie-Anlagen erzeugt. Waren es vor zehn Jahren knapp fünfzig Milliarden Kilowattstunden, so konnten 2021 bereits 92 Milliarden Kilowattstunden gewonnen werden.

Biomasse ist die wohl bedeutendste erneuerbare Energiequelle. 2019 hatte sie einen Anteil von 58 Prozent an den erneuerbaren Energien, gefolgt von Windkraft (24 Prozent) und Sonnenenergie (11 Prozent). Dementsprechend nimmt auch die Erzeugung von Strom aus Biomasse-Anlagen zu. Waren es 2011 etwas mehr als 32 Milliarden Kilowattstunden, konnte im vergangenen Jahr bereits fast 44 Milliarden Kilowattstunden in die Netze eingespeist werden.

Mit der Verstromung von Biomasse wird aktuell auch der höchste Umsatz in der Energieproduktion aus nachwachsenden Rohstoffen erzielt. Er betrugt zuletzt 4,6 Milliarden Euro. Bei der Erzeugung von Wärme lagen die Energieträger Biomasse und Biokraftstoffe mit einem Umsatz von jeweils 3,5 Milliarden Euro gleich auf. Windenergieanlagen auf den Feldern erzielten nur 2,3 Milliarden Euro Umsatz und 1,6 Milliarden entfielen auf Photovoltaik-Anlagen. Investiert wurden in dieses Technik hingegen 4,22 Milliarden Euro – so viel wie in keinen anderen alternativen Energiebereich.

Gleichwohl stehen nachwachsenden Rohstoffe, gerade im Energiesektor, heute nicht nur (noch) im Wettbewerb mit fossilen Energiestoffen wie Kohle oder Erdgas. Sie stehen auch in der Kritik, weil durch die Erzeugung von Energiepflanzen wertvoller Ackerboden für die Nahrungsmittelproduktion verloren geht. Als einen Ausweg aus dieser Misere betrachten Wissenschaftler sogenannte Agri-Photovoltaik-Anlagen. Dabei handelt es sich um eine Doppelnutzung der insgesamt raren landwirtschaftlichen Flächen. Dabei wird erneuerbarer Strom erzeugt, ohne dafür die Ressource Ackerboden in Beschlag zu nehmen. Der Trick: Die Panele der Photovoltaikanlagen werden einfach auf Stelzen so hoch über den Äckern errichtet, dass darunter noch Pflanzenanbau zur Nahrungsmittelerzeugung betrieben werden kann.

Investitionen in diesem Bereich scheinen besonders lohnenswert zu sein: Im vergangenen Jahr erzielte die deutsche Photovoltaik-Branche einen Umsatz von rund 1,6 Milliarden Euro. Eröffnen sich hier neue Perspektiven für die Landwirtschaft? Denn wenn die Erträge aus der Nahrungsmittelproduktion einmal nicht ausreichen, könnte man immer noch von der Power der Natur profitieren, die auf dem Acker geerntet wird.

Zu den nachwachsenden Rohstoffen bieten wir eine Fülle von Materialien an, die Sie hier alle kostenlos lesen und herunterladen können: Entdecken Sie die NaWaRos im Alltag, erfahren Sie Wissenswertes über nachwachsende Industrierohstoffe und die grüngelbe Energie vom Mais. Lernen Sie Biokunststoffe kennen, die Kraft der Arzneipflanzen und pflanzliche Samen – unsere Antennen zur Sonne. Mit unserem „Green Power Experiment“ können Sie Bio-Diesel selber herstellen und mit unserem Saatpaket Nachwachsende Rohstoffe daheim anpflanzen. Dieses ist das einzige Produkt, dass Sie bei Interesse für 7,50 Euro käuflich im ima-Webshop erwerben müssten. Und wer sich schließlich für die Agri-Photovoltaik interessiert, für den haben wir auch noch auf einen Info-Film bei youtube verlinkt.

Weiterführende Beiträge zum Thema finden Sie in unseren Materialien und bei unseren Partnern. Hier eine schnelle Übersicht:

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