Erdkundliches Förderheft 1
Das „Erdkundliche Förderheft 1“ ist 2018 erstmalig im Westermann-Verlag erschienen. Es handelt sich dabei um ein Heft, das als Arbeitsheft oder für Kopierverlagen im Erdkundeunterricht der Klassenstufe 5/6 aller Bundesländer genutzt werden kann. Besonders eignet es sich für die Arbeit mit Schülerinnen und Schülern[1], die individuelle Bedarfe haben (Sprachbildung oder sonderpädagogischer Förderbedarf). Im Heft wird eine Vielzahl von Lehrplanthemen abgedeckt, sodass es ergänzend zum Schulbuch eingesetzt werden kann. Das Thema Landwirtschaft wird im vierten Kapitel „Wie uns die Landwirtschaft versorgt“ angesprochen.
Lernziele und Kompetenzen
Mit dem Lernmaterial können die Schüler vielfältige Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln, die in den Lehrplänen der Bundesländer vorgegeben sind. So sieht beispielsweise der Kernlehrplan der Realschule in Nordrhein-Westfalen vor, dass die Schüler die Veränderungen der Produktions- und Verarbeitungsformen in der Landwirtschaft erläutern. Diese Forderung setzt das Heft auf den Seiten zur Veränderung der Bauernhöfe um. Darin wird der Strukturwandel in der Landwirtschaft in den Blick genommen. Außerdem werden Wertschöpfungsketten am Beispiel des Schweinefleischs und der Zuckerrübe aufgezeigt. Die Schüler haben auf diese Weise die Möglichkeit, die Prozesse zu verstehen und sie erhalten einen Einblick in die einzelnen Stationen der Wertschöpfungskette.
Das Lehrwerk ist darauf ausgelegt, inhaltsbezogene Kompetenzen zu vermitteln. Eine tiefergehende Auseinandersetzung, in der die Schüler die Wechselwirkungen, Vernetzungen und verschiedene Sichtweisen kennenlernen und ihre eigene Haltung dazu reflektieren, ist nicht vorgesehen.
Aufbau und Analyse der Kapitel
Das Heft beginnt mit einem Inhaltsverzeichnis, in dem die sechs Oberkapitel und die jeweiligen Unterkapitel angeführt werden. Die Seiten der Kapitel enthalten vielfältige Materialien: Texte, Bilder, Schaubilder, Karten und Aufgaben. Charakteristisch sind die Texte, deren Zeilen durchnummeriert sind und die wichtigsten Begriffe fett hervorgehoben sind. Diese Form der Leichten Sprache[2] erleichtert das Lesen und Arbeiten mit den Materialien für die Schüler. Unterstützend wird zusätzlich mit Bildern und Schaubildern gearbeitet, die sich mit den übrigen Materialien ergänzen. Die Aufgaben dienen der vertieften Auseinandersetzung. Dabei handelt es sich zumeist um Lückentexte oder Ordnungsaufgaben. Vielfach finden sich auch Lösungstipps in den Aufgaben.
Die erste Seite zur Landwirtschaft beschäftigt sich mit der Mechanisierung der Bauernhöfe. Zwei Bilder zeigen die Arbeitsabläufe früher und heute im Vergleich. Beschreibend dazu, finden sich kleine Texte. In den Aufgaben werden die Schüler aufgefordert, die Unterschiede in einer Tabelle noch einmal schriftlich gegenüberzustellen. Die zweite Aufgabe fokussiert die Arbeit des Kartoffelroders. Dazu sollen drei Sätze geschrieben werden.
Auf der zweiten Seite wird der Strukturwandel in der Landwirtschaft thematisiert. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe und die der Arbeitstätigen in dieser Branche wird mit Hilfe von zwei Diagrammen dargestellt. Auch dazu findet sich ein kleiner Text, der die Aussagen der Diagramme zusammenfasst. In der zugehörigen Aufgabe sollen die Lernenden die Zahlen aus der Darstellung in eine Tabelle übertragen.
Es folgt eine Seite zur Spezialisierung der Landwirtschaft. Am Beispiel des fiktiven Hofs der Familie Kranekamp wird das Thema mit Hilfe eines Schaubildes und eines kleinen Textes erläutert. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Anbauprodukten, den zugekauften Maschinen und den Wasch- bzw. Beregnungsanlagen. Die Aufgabe regt die Schüler zum Herstellen von Zusammenhängen an und dient der Zusammenfassung des Gelernten.
Die vierte Seite stellt die ökologische Landwirtschaft in den Mittelpunkt. Am Beispiel des fiktiven Bauern Haas werden besonders der Ackerbau und die Tierhaltung in der ökologischen Landwirtschaft betrachtet. Ein Schaubild veranschaulicht den Betriebskreislauf, der häufig kennzeichnend für diese Form der Landwirtschaft ist. In der Aufgabe werden Aussagen vorgegeben, bei denen die Schüler richtig oder falsch ankreuzen sollen.
Auf der fünften Seite ist ein Schaubild zu sehen, dass den Weg vom Ferkelzuchtbetrieb hin zum Verbraucher verdeutlicht. Es folgt ein Lückentext zum Schaubild, der zur Vernetzung des Gelernten animiert. Es folgt eine weitere Seite, die sich mit dem Weg der Zuckerrübe zum Produkt Kristallzucker auseinandersetzt. Dort erhalten die Lernenden ebenfalls einen kleinen Lückentext, auf dem wesentliche Begriffe einzutragen sind.
Reflexion
Aus der Analyse der Kapitel ist geht hervor, dass sie sehr einheitlich, übersichtlich und inhaltlich ansprechend gestaltet sind. Sie zeichnen sich durch eine altersadäquate Darstellung und durch eine abwechslungsreiche mediale Kombination aus. Besonders die hohe Qualität der Bilder und die übersichtlichen Schaubilder sind herauszuheben. Die Seiten zur Landwirtschaft regen zur Auseinandersetzung mit den Inhalten an und verdeutlichen die wichtigsten Prozesse in dieser Branche sehr gut. Die Aufgaben zielen vordergründig darauf ab, sich mit den Materialien der Seiten auseinanderzusetzen. Sie regen weniger dazu an, die Inhalte zu reflektieren und zu bewerten. Da keine Wechselwirkungen, Folgeerscheinungen oder verschiedene Sichtweisen dargestellt werden, wird eine persönliche Auseinandersetzung durch die Schüler nur wenig gefördert.
Ein weiteres Problem entsteht durch die vereinfachte Darstellung der Sachverhalte in den Texten, die in Leichter Sprache verfasst wurden. Die Aussagen wirken teilweise verkürzt, wodurch insbesondere bei der ökologischen Landwirtschaft der Eindruck entsteht, dass nur in dieser Form der Landwirtschaft die Tiere ins Freie dürfen oder dass die Flächen nicht von Schädlingen befallen werden. Auch in der ökologischen Landwirtschaft ist mittlerweile eine hohe Spezialisierung bzw. Mechanisierung anzutreffen. Wünschenswert wäre es hier, die Texte mit Blick auf die sachliche Richtigkeit etwas zu verlängern und sich so strenger an die Regeln der Leichten Sprache zu halten.
Abschließend ist zu sagen, dass das Heft sich sehr gut eignet, um mit Schülern, die besonderen Förderbedarf in der Sprachbildung aufweisen, landwirtschaftliche Inhalte zu beleuchten. Die Texte sind kurz und prägnant, könnten jedoch sachlich und fachlich korrekter formuliert sein. Die Bilder und Schemata wirken unterstützend und erleichtern den Schülern das Aneignen der Sachverhalte. Der Aufbau einer kritischen und bewertenden Haltung gegenüber den landwirtschaftlichen Themen durch die Materialien wäre ebenfalls begrüßenswert, sodass auch die Schüler mit spezifischen Bedarfen die Möglichkeit erhalten, ihre Erfahrungen und Meinungen auszutauschen. Gerade bei Schülern mit besonderen Bedarfen eignet sich der Zugang durch reale Begegnungen, weshalb ergänzend zum Lernmaterial eine Erkundung zu einem Bauernhof in der Region angeboten werden sollte. So wird auch die sozial-emotionale Komponente angesprochen und das Gelernte direkt erfahrbar gemacht.
[1] Im Folgenden wird zur Vereinfachung die maskuline Form verwendet.
[2] Leichte Sprache ist eine speziell geregelte einfache Sprache. Sie zielt auf die besonders leichte Verständlichkeit ab. Das Regelwerk wird von dem seit 2006 bestehenden deutschen Verein Netzwerk Leichte Sprache herausgegeben. Es umfasst neben Sprachregeln auch Rechtschreibregeln sowie Empfehlungen zum Mediengebrauch. Die Leichte Sprache soll Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen über eine geringe Kompetenz in der deutschen Sprache verfügen, das Verstehen von Texten erleichtern. Sie dient damit der Barrierefreiheit und kann als Differenzierung von Lehr-Lernmaterialien im inklusiven Unterricht eingesetzt werden.
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