Dem Öko-Landbau auf der Spur. Aktionsheft für Kinder
Das vorliegende Heft „Dem Öko-Landbau auf der Spur. Aktionsheft für Kinder“ ist 2022 erstmalig erschienen und wurde vom BMEL herausgegeben. Es ist kostenfrei über die Webseite downloadbar. Als Aktionsheft eignet es sich besonders für Kinder im Kindergarten, Vor- und Grundschulalter, die sich mit dem Thema der ökologischen Landwirtschaft auseinandersetzen möchten. Lehrkräfte und pädagogisches Personal dieser Einrichtungen können es für die Gestaltung von Lehr-Lern-Einheiten vielfältig einsetzen. Im Vorwort wendet sich der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Cem Özdemir an die Leser:innen bevor dann auf die Charakteristika und saisonalen Arbeiten auf einem ökologisch bewirtschafteten Hof eingegangen wird.
Lernziele und Kompetenzen
Mit der Bearbeitung des Aktionsheftes erlernen die Kinder vielfältige Kompetenzen rund um das Thema ökologische Landwirtschaft. Auf den ersten Seiten lernen die Schüler:innen die Charakteristika der ökologischen Landwirtschaft kennen. Dazu zählen neben der Kreislaufwirtschaft, die Fruchtfolge, die Vermeidung von Monokultur oder das Anlegen von Blühstreifen. Auch Themen wie Tierwohl und Naturschutz werden berücksichtigt. Die anschließende Doppelseite vertieft die letztgenannten Aspekte und geht besonders auf die artgerechte Tierhaltung in der ökologischen Landwirtschaft ein. Exemplarisch werden die Besonderheiten der Haltung einiger Tierarten ausgeführt, darunter Kühe, Schweine und Hühner.
Ferner sind spielerische Elemente implementiert, die dazu dienen, die Lernenden für das Thema motiviert zu halten. Zugleich dienen sie der Erholung nach fordernden Lerneinheiten. Dazu können die Ausmalbilder, Rätsel und Quizze genutzt werden.
Ein weiteres Element sind die Rezeptseiten, die saisonale Gerichte vorschlagen. Mithilfe der Anleitungen können die Kinder diese unter Anleitung selbst zubereiten.
Aufbau und Analyse des Heftes
Das Heft liegt in der digitalen Fassung vor. Es steigt mit einer Illustration auf dem Deckblatt ein bevor der Bundesminister Cem Özdemir die Leser:innen begrüßt. Es folgt eine Seite mit einem Text über die Charakteristika des ökologischen Landbaus. Auf der linken Seite werden die einzelnen Aspekte in einem Schaubild dargestellt. Unten finden sich ein Quiz zu den Inhalten der Seite sowie eine Erläuterung zu den Biosiegeln. Die anschließenden Seiten setzen sich mit der Haltung der Bauernhoftiere auf einem Öko-Hof auseinander. Dabei geht das Heft besonders auf die Ernährung von Kühen und die Haltung von Schweinen und Hühnern ein. Darauf folgt ein Ausmalbild, das einen ökologischen Betrieb zeigt. Im Fortgang legt das Heft die Arbeiten auf den Bauernhöfen in den verschiedenen Jahreszeiten dar. Begonnen wird mit dem Frühling, in dem die Aussaat der verschiedenen Getreide- und Gemüsesorten beschrieben wird. Zudem erläutert der Text, die Bedeutung des Weidegangs, insbesondere für Kühe. Im Fokus steht auch die Saisonalität und Regionalität von Obst- und Gemüsesorten, wobei u.a. der Klimawandel als Prozess zur Sprache kommt. Unten auf der Seite findet sich eine Quizfrage, während die nächste Seite ein frühlingshaftes Rezept abbildet. Die zehnte Seite offeriert ein Suchbild sowie ein weiteres Quiz. Daran schließt sich eine Anleitung zum Anbau von Tomatenpflanzen an. Es folgt die Seite 14, die einen Überblick über die verschiedenen Getreidearten gibt und eine Zuordnungsaufgabe beinhaltet. Anschließend wird ein Spieletipp gegeben, bei dem die Kinder die Bauernhoftiere kennzeichnen lernen. Auf den Seiten zur Jahreszeit Herbst werden die Produkte vorgestellt, die im Herbst geerntet werden. Auch die anfallenden Arbeiten auf dem Bauernhof werden beleuchtet. Tipps zum Schnitzen von Halloween-Kürbissen und der Zubereitung einer Kürbissuppe werden gegeben. Die Doppelseite zum Winter beinhaltet ähnliche Schwerpunkte, wobei die Herstellung von Bratäpfeln beschrieben wird. Den Abschluss des Heftes bilden weitere Rätsel, Bastelanleitungen sowie ein Saisonkalender für regionales Obst und Gemüse.
Am Ende findet sich das Impressum.
Reflexion
Die Analyse der Seiten des Heftes hat vor Augen geführt, dass dieses bunt, kindgerecht und logisch strukturiert aufbereitet ist. Besonders gelungen ist das altersadäquate Layout und die vielseitigen Rätselseiten sowie die handlungsorientierten Zugänge zum Thema. Dazu zählen auch die als Fragen formulierten Seitenüberschriften. Die Strukturierung erfolgt logisch anhand des jahreszeitlichen Ablaufes. Wünschenswert wäre ein Inhaltsverzeichnis gewesen. Die Texte des Heftes sind leider nur teilweise zielgruppengerecht formuliert. Vielfach finden sich komplexe Schachtelsätze, die für jüngere Schüler:innen ungeeignet sind. Dazu zählen insbesondere die langen verschachtelten Sätze, die Passiv-Formulierungen oder die Arbeit mit Füllwörtern. Diese erschweren nicht nur das Lesen der Texte sondern sind auch beim Zuhören, wenn Vorgelesen wird, hinderlich. Zugleich werden sie mit Begriffen wie „Klimawandel“ oder „Tierwohl“ konfrontiert, die sie ohne eine Erläuterung der Lehrkraft nicht verstehen können. Ein Aufgreifen dieser Wörter im Gesamtkontext des Werkes und eine tiefgreifende, aber kurze Erläuterung sind zwingend notwendig. Insbesondere komplexe Phänomene, wie der Klimawandel, sollten dennoch umfangreich vorbesprochen werden. Inhaltlich zeigen sich vor allem auf der Seite drei unter der Fragestellung: „Was ist eigentlich Öko-Landbau?“ viele Aussagen, die nicht spezifisch dieser Form der Landwirtschaft zugeordnet werden können. So müssen auch konventionelle Landwirt:innen eine Fruchtfolge einhalten, auf Monokulturen verzichten oder bedingt durch staatliche Auflagen oder Errosionsverminderung Windschutzhecken, Blühstreifen oder Wildäcker anlegen. Diese werden jedoch als Alleinstellungsmerkmale der ökologischen Landwirtschaft herausgehoben. Die einschlägigen Besonderheiten der Branche, wozu vor allem die Kreislaufwirtschaft zählt, werden zwar erwähnt, könnten jedoch deutlich ausgeweitet werden, sodass die Unterschiede stärker deutlich werden. Auch das auf Seite zwei zu findende Schaubild könnte einen Beitrag dazu leisten, wenn es über passendere Bilder diese Zusammenhänge in der Kreislaufwirtschaft veranschaulicht. Die Begriffe, die sich am vorliegenden Schaubild finden, stehen nur bedingt in Zusammenhang miteinander.
Die folgenden beiden Seiten setzen sich mit der Tierhaltung auf dem Öko-Hof auseinander. Hierbei wird vor allem auf die Aspekte Tierwohl und artgerechte Haltung eingegangen. Besonders der Freigang der Tiere wird in diesem Kontext herausgehoben. Der Weidegang kann durchaus als Kriterium für eine artgerechte Haltung gelten, wenngleich auch konventionell wirtschaftende Betriebe dieses für Milchkühe in der Regel ermöglichen. Das Einstreuen der Liegeplätze im Stall ist ebenfalls etwas, was auch in konventionellen Betrieben bei Milchkühen angewendet wird, um das Auftreten von Krankheiten wie Gelenkentzündungen oder Abschürfungen zu vermeiden und die Eutergesundheit sicherzustellen. Gut gelungen ist die nebenstehende Ausführung zu den Fressgewohnheiten von Kühen, wo Vergleiche zum Gewicht von Kindern gegeben werden. Sinnvoll wäre auch bei der Angabe der täglichen Milchmenge ein Vergleich, der die Mengen in der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft miteinander vergleichen würde.
Es schließt sich die große Seite mit dem Ausmalbild an. Dieses Bild zeigt eine idyllisierte Darstellung eines Öko-Hofes. Auch diese Betriebe sind häufig moderne und hoch spezialisierte, auf Effizienz ausgerichtete Wirtschaftsunternehmen, die in der Regel nur eine bis zu drei Marktfrüchte oder Sonderkulturen anbauen. Auch bei der Tierhaltung zeigt sich diese Spezialisierung auf ein Endprodukt, wie z.B. Milch, Fleisch oder Eier. Die Automatisierung der Arbeitsabläufe ist ebenfalls ein Aspekt, der sich in dem Bild nicht wiederfindet. Teilweise wird dem zwar durch die Abbildung des Traktors Rechnung getragen. Die Fütterung der Schweine von Hand oder die angelehnten Feldgeräte suggerieren jedoch, dass es nach wie vor viel Handarbeit gibt. Zudem transportiert das Bild antifeministische Stereotype. So wird die Bäuerin mit Röckchen und Kopftuch bei der Handarbeit abgebildet. Der Bauer hingegen findet sich auf dem Traktor. Für Kinder sind diese Darstellungen außerordentlich prägend, wie empirische Studien zeigen (vgl. z.B. Hamann 2004). Wichtig sind daher realitätsnahe Darstellungen, die auch dazu dienen können, Stereotype aufzubrechen und die Lernenden zum Hinterfragen ihrer eigenen Vorstellungen anregen.
Insgesamt lässt sich sagen, dass das Heft durch sein kindgemäßes Layout und seine logische Struktur besticht. Auch die handlungsorientierten Zugänge, zu denen vor allem die Rezepte zählen, sind gut gelungen. Kritisch zu betrachten sind die Idyllisierungen und Stereotype, die sich in den Bildern fanden. Auch die Texte, die wenig zielgruppengerecht aufbereitet waren, sollten überarbeitet werden. Wünschenswert wäre ferner ein direkter Bezug zum außerschulischen Lernen, bei dem die Lernenden das Gelernte direkt beobachten und erfahren könnten.
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