Going Green – Warum man nicht perfekt sein muss, um das Klima zu schützen
Das Taschenbuch „Going Green – Warum man nicht perfekt sein muss, um das Klima zu schützen“ ist 2020 erstmals im oekom-Verlag erschienen. Die Autorin ist die ehemalige RTL-Moderatorin Janine Steeger, die darin von ihrer Umstellung zu einem „grünen“ und umweltbewussteren Leben berichtet. Lehrkräfte können in diesem Buch Anregungen finden, zu Themen rund um die Aspekte Nachhaltigkeit und Ökologie. Neben ihren Darstellungen der anfänglichen und alltäglichen Schwierigkeiten schildert die Autorin, wie sich ihr Leben durch die Umstellung nachhaltig verändert hat. Dabei werden alle Bereiche angesprochen, von denen im Besonderen das Kapitel sechs: „Veganerin werde ich in diesem Leben nicht mehr“ für den landwirtschaftlichen Kontext interessant ist.
Curriculare Verknüpfung
Ein Blick in die Bildungspläne der Bundesländer zeigt, dass die Themen Nachhaltigkeit, konventionelle und ökologische Landwirtschaft sowie Globalisierung in der Landwirtschaft Schwerpunkte bilden (vgl. HERTEMA et al. 2019, S. 12). Diese werden primär im Geographieunterricht, aber auch fächerübergreifend in Biologie und Gesellschafts-wissenschaften behandelt (vgl. ebd.). Für den Unterricht in diesen Fächern ergeben sich nun für die Lehrkräfte gute Anknüpfungspunkte, um den Schülerinnen und Schülern[1] die Fähigkeiten und Fertigkeiten rund um das Thema Landwirtschaft zu vermitteln. Dies kann beispielsweise durch die Ausführungen der Autorin zu Großeinkäufen realisiert werden, die sich auf die Lehrplanthemen „Produktionsketten“ oder „Müll“ beziehen lassen, welche traditionell in der Klassenstufe 9/10 ihren Platz haben. Geht es um die Produktion von Nahrungsmitteln, so ist dieses Thema erfahrungsgemäß in Klasse 5/6 zu verorten. Zusammenhänge zwischen den Sachverhalten lassen sich gut im Rahmen von Projektwochen oder Aktionstagen aufzeigen, die offenes und handlungsorientiertes Lehren und Lernen leicht ermöglichen. Möglich wäre auch ein Einsatz von Textausschnitten im Deutsch- oder Politikunterricht, in dem sich die Lernenden gemeinsam über nachhaltige Lebensweisen austauschen und diskutieren könnten.
Aufbau des Buches
Das Buch wurde in einem Taschenbuchformat produziert und verfügt über zwei Klappentexte, die den Leser in die Thematik einstimmen. Die ersten Seiten zeigen das Impressum und sonstige Verlagsangaben sowie den Titel. Im Inhaltsverzeichnis sind die insgesamt elf Kapitel aufgelistet. Es beginnt mit einer Einleitung, auf die sieben thematische Kapitel und ein Epilog folgen. Am Ende gibt die Autorin weitere Tipps zum Nachlesen und schließt mit einer Danksagung.
Im Buch spricht die Autorin unterschiedliche Bereiche des alltäglichen Lebens an, die sie in chronologischer Reihenfolge für sich abarbeitet um ein nachhaltigeres „grünes“ Leben zu führen. Sie berichtet zunächst davon, was der Auslöser für ihre Umstellung war. Dabei benennt sie den Reaktorunfall von Fukushima im März 2011 als einschneidendes Erlebnis, dass sie nachhaltig geprägt hat. Sie nimmt dies zum Anlass und beginnt, ihr Leben zu verändern. Sie berichtet von ihren anfänglichen Schwierigkeiten, die sich neben dem Anlesen von Informationen und Wissen darin niederschlagen, dass sie nicht weiß, wo sie beginnen soll. Sie hat stets das „große Ganze“ im Blick und wagt sich neben den Veränderungen im privaten Leben, die sich vom Kauf von Bio-Lebensmitteln, über die Kleiderwahl hin zu Themen wie Körperpflege, Reisen und Banking erstrecken. Daneben bezieht sie auch immer wieder das Berufliche und Soziale mit ein und berichtet von ihrer Entscheidung zu kündigen, dem Umgang mit anderen Freunden und Bekannten sowie den Diskussionen in der Familie.
Ihr Erzählstil ist dabei sehr locker, einfach, humorvoll aber auch selbstkritisch, was bei den Lesenden Empathie auslöst und individuelle Überlegungen in Gang setzt. Es werden immer wieder leitende und rhetorische Fragen aufgeworfen, denen sie im Laufe des Buches nachgeht, die für sie handlungsleitend sind und im Laufe der Kapitel beantwortet werden.
Im Epilog fasst sie rückblickend ihre Entwicklung zusammen und ist selbst erstaunt, wie schnell sich diese Umstellung in ihrem Leben vollzogen hat. Überschrieben mit „Ein weiter Weg“ zeigt sie auf, dass sie für sich noch lange nicht am Ziel ist. Das abschließende Kapitel gibt hilfreiche Hinweise zur weiteren Auseinandersetzung mit der Thematik. Dabei wird in die Bereiche Ernährung, Plastik, Artensterben, Mode, Mobilität und Mindset unterschieden. Die Autorin gibt darin Literaturtipps und verweist auf einschlägige Dokumentarfilme zur Thematik.
Im Weiteren soll verstärkt auf das Kapitel sechs: „Veganerin werde ich in diesem Leben nicht mehr“ eingegangen werden. Darin werden vier Schwerpunkte gewählt: zum einen der Konsum von Fleisch und der wertschätzendere Umgang damit, zum anderen der verstärkte Kauf von ökologisch produzierten Lebensmitteln, jedoch nicht um jeden Preis und mit angemessener Reflexion. Zwei weitere Aspekte, die in diesem Zusammenhang ebenfalls von Bedeutung sind, sind die Lebensmittelverschwendung und die Vermeidung von Müll, mit besonderem Fokus auf Verpackungen.
Reflexion
Insgesamt besticht das Buch durch seine einfache Sprache, die Schilderung alltäglicher Situationen und das Abholen des Lesenden aus seiner Lebenswelt. Der Aufbau ist chronologisch und ermöglicht so ein schnelles Hineindenken in die Autorin. Auch die Zweifel am Vorhaben, die immer wieder aufgeworfen werden, machen die Schritte nachvollziehbar und erleichtern den Zugang. Da es sich bei diesem Buch um ein biographisches Werk handelt und zu keiner Zeit ein Anspruch auf Fachlichkeit gelegt wird, ist eine unterrichtliche Nutzung weniger in der theoretischen Grundlegung zu empfehlen, sondern eher in Diskussions- und Austauschphasen. So könnten Textauszüge kopiert und in die Lerngruppen hineingegeben werden, sodass eine Grundlage für die Diskussion gelegt wird. Dabei könnten unterschiedliche Aspekte erörtert werden. Dazu zählt beispielsweise die Wortwahl, mit der die Autorin arbeitet. Ihre Aussagen werden ungefiltert wiedergegeben, plakative Begriffe wie „Massentierhaltung“ oder „Umweltsau“ genutzt oder Aussagen, wie „Ja, RTL hat eine Umweltgruppe“ oder „Banken investieren in korrupte Regimes“ formuliert. Diese könnten von den Lesenden geprüft und kritisch reflektiert werden. Weiterhin wird die Zuschreibung, dass Lebensmittel oder Kaffeemaschinen sprechen könnten, als rhetorisches Mittel genutzt. Auch abstrakte Zusammenhänge, wie ein grünes Taschengeldkonto, werden aufgenommen, aber nicht in umfassendem und ausreichendem Maße erläutert. Dies könnte gemeinsam mit den Schülern thematisiert werden.
Im betrachteten Kapitel sechs: „Veganerin werde ich in diesem Leben nicht mehr“ wird besonderer Fokus auf die Lebensmittelproduktion und den Konsum gelegt. Das Kapitel steigt in die Thematik ein, in dem Lebensmittelabfälle zur Sprache kommen. Dabei werden Informationen gegeben, die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) stammen und somit gut recherchiert wurden. Davon ausgehend spricht die Autorin über die Überproduktion und die Verschwendung von Nahrungsmitteln. In diesem Zusammenhang wird der deutsche Dokumentarfilm „Taste the Waste“ angesprochen, der harsche Kritik an der niedrigen gesellschaftlichen Wertschätzung von Obst, Gemüse und Fleisch übt. Sie folgert für sich daraus, dass sie keine Großeinkäufe mehr tätigt und stattdessen täglich Besorgungen erledigt, je nach anstehenden Terminen und Absprachen innerhalb der Familie. In einem weiteren Unterkapitel setzt sie sich mit veganer Ernährung auseinander und schildert, welche anderen Ernährungstrends sie im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit ausprobiert hat. Ihr Hauptargument für die Durchführung der Diäten ist dabei stets der Aspekt des Umwelt- und Klimaschutzes. Dabei thematisiert sie jedoch auch das Tierwohl und die Haltungsbedingungen der Nutztiere. Die Aussagen, die sie dabei tätigt, sind allerdings teilweise sachlich und inhaltlich falsch. So beschreibt sie, dass Bodenhaltung bei Masthühnern gleich der Käfighaltung ist. Die Reportagen über „Hühnerretter“, die von ihr benannt werden, basieren primär auf zusammengeschnittenem Filmmaterial, dass von Aktivisten aufgenommen wurde, die sich illegal Zutritt zu den Mastställen verschafft haben. Auch die Aussage, dass die Hühner in der konventionellen Haltung „Mist“ essen, sollte entsprechend reflektiert werden.
Den dritten Punkt, den die Autorin anspricht, setzt sich mit dem Thema Verpackung und Müll auseinander. Auch hier zitiert sie Zahlen des Umweltbundesamtes und kritisiert im Besonderen die unnützen Verpackungen von Obst und Gemüse. Abschließend bringt sie ihre Überlegungen und Maßnahmen in vier Kernpunkten zusammen, womit das Kapitel sechs schließt.
Abschließend bleibt zu sagen, dass sich das Buch sehr gut lesen lässt und als abendliche Lektüre für interessierte Lesende durchaus bereichernd sein kann. Durch einfache Sprache und Selbstironie gelingt es leicht, sich auch mit Themen zu befassen, die bislang weniger interessant schienen. Dies bietet großes Potenzial für Lehrkräfte, die in ihrem Unterricht Lerninhalte zum Thema Nachhaltigkeit behandeln möchten. Sie finden in diesem Buch einige aktuelle Ansätze und Recherchemöglichkeiten. Die Verweise auf Dokumentarfilme und Literatur sowie die Belege, die für die Aussagen angebracht werden, sind anschaulich und liefern aussagekräftige Empfehlungen für die individuelle Vertiefung. Die Reflexion hat gezeigt, dass sich das Buch vor allem für eine diskursive Auseinandersetzung mit den Lerninhalten zur Nachhaltigkeit und Landwirtschaft eignet. Dabei sollte beachtet werden, dass es sich bei dem Buch um ein biographisches Werk handelt. Die Wortwahl und die Erläuterungen im Buch teilweise sachlich falsch sind und der persönlichen Einstellung der Autorin entsprechen. Die Lehrkräfte sollten daher darauf achten, die entsprechenden Lerninhalte gemäß dem Beutelsbacher Konsens[2] objektiv und sachlich wie fachlich richtig im Unterricht darzustellen.
[1] Im Folgenden wird zur Vereinfachung das generische Maskulinum verwendet. Dabei sind jedoch stets beide Geschlechter mit eingeschlossen.
[2] Unter dem Beutelsbacher Konsens werden die drei Grundsätze Überbewältigungs- oder Indoktrinationsverbot, Kontroversität oder Gegensätzlichkeit und Schülerorientierung zusammengefasst.
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